„Der Staat trägt die Verantwortung, die freie Presse zu schützen und zu bewahren“

20. Januar 2025
BDZV und MVFP starten gemeinsames „Bündnis Zukunft Presse“

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der Medienverband der freien Presse (MVFP) haben ihr „Bündnis Zukunft Presse“ offiziell gestartet. Die gemeinsame Initiative bündelt erstmals die strategische und medienpolitische Arbeit der beiden Verbände unter einem gemeinsamen Dach. Ziel des Bündnisses ist es, die Politik auf die Bedeutung der freien Presse für die freie Meinungsbildung in einer pluralistischen Demokratie hinzuweisen und ihr gleichzeitig die Dimensionen der ökonomischen Bedrohungen der Presse durch monopolistisch agierende Technologieplattformen zu verdeutlichen. Gemeinsam vertreten sie die Interessen von über 500 Verlagen mit rund 9.000 redaktionellen Marken und Produkten. Durch eine starke gemeinsame Marke soll der politische Wirkungsgrad der freien Presse zu erhöht und die Grundlage für einen zukunftssicheren Journalismus in Deutschland geschaffen werden

Positionspapier mit medienpolitischen Kernforderungen

Der Auftrag der freien Presse in einer kritischen Phase der Demokratie

Die freie Presse schafft in Deutschland durch verlässliche, sorgfältig recherchierte Informationen die unverzichtbare Voraussetzung für die freie Meinungsbildung der Menschen und ihre Teilhabe an demokratischen Prozessen und am offenen Diskurs der Gesellschaft. Zeitungen und Zeitschriften sind – gedruckt wie in ihrer digitalen Dimension – damit Fundament der freien Gesellschaft und zugleich systemrelevante Infrastruktur einer pluralistischen Demokratie. Diese konstituierende Bedeutung der freien Presse ist im Artikel 5 des Grundgesetzes verankert; das gibt dem Staat die Verantwortung, diese Freiheit der Presse zu schützen und diese Institution unseres demokratisch verfassten Staates zu bewahren.

Die Relevanz dieser Institution der freien Presse steigt angesichts der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung in Deutschland signifikant. Niemals zuvor war die politische Situation im wiedervereinigten Deutschland fragiler als heute. Die radikalen Kräfte im Land werden lauter, der Extremismus an den politischen Rändern wird härter und das Vertrauen der Deutschen in den Staat und seine Institutionen sinkt. Eine repräsentative INSA-Erhebung zeigt im Februar 2024, dass 61 Prozent der Deutschen die Demokratie in Deutschland für gefährdet halten. Im November 2024 kommt die Autoritarismus-Studie der Universität Leipzig zu dem Ergebnis, dass nur noch 42 Prozent der Menschen in Deutschland Demokratie als die für unser Land in der aktuellen Situation geeignete Regierungsform ansehen. Eine der wichtigsten Ursachen für diese gefährliche Destabilisierung von Staat und Gesellschaft ist die Flut an manipulierten und manipulativen Inhalten in den sozialen Netzwerken: 81 Prozent der Deutschen erkennen in der Desinformation im Internet eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt, zeigte Anfang 20024 die Studie „Verunsicherte Öffentlichkeit“ der Bertelsmann-Stiftung.

Dem gegenüber steht der Journalismus der deutschen Verlage und deren Auftrag, die Gesellschaft mit verlässlichen Informationen zu versorgen. Zwei Drittel der fest angestellten Redakteurinnen und Redakteure in Deutschland arbeiten heute – verantwortlich im Sinne des Presserechts – für die Verlage. Sie erzeugen ein von der Verfassung geschütztes Gut: Wissen und Informationen, auf deren verlässlicher Basis sich die Menschen in Deutschland ihre Meinung bilden können: in politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, beruflichen und auch völlig privaten Zusammenhängen. Um frei und unabhängig zu sein, muss und will sich die freie Presse marktwirtschaftlich behaupten. Aber das wirtschaftliche Fundament des Journalismus der Verlage wird durch die realen, von monopolistischen Strukturen geprägten Machtverhältnisse im digitalen Raum auf der einen und durch staatliches Handeln auf der anderen Seite massiv beeinträchtigt.

  • Im Zeitalter der Plattformökonomie sind Verlage mit dem Kern ihrer Wertschöpfung – der Produktion, der Vermarktung und dem Vertrieb redaktioneller Inhalte – abhängig vom Monopolverhalten der digitalen Torwächter. Signifikant ist diese Gefahr im Werbemarkt zu beobachten, der heute zu über 50 Prozent in der Hand von fünf internationalen Technologieplattformen ist.
  • Parallel zu dieser massiven Veränderung der digitalen Märkte hin zu monopolartigen Strukturen hat der Staat in den vergangenen Jahren Freiheit und Finanzierungsmöglichkeiten der Presse nicht nur nicht gestärkt – etwa im Wettbewerbsrecht – sondern im Gegenteil massiv beeinträchtigt. Staatlich verursachte Preissteigerungen, Werbebeschränkungen, Datenschutzvorgaben, Berichtspflichten und Begrenzungen bei der Zusammenarbeit von Verlagen und Redaktionen sind nur einige Beispiele für exekutive Eingriffe in die wirtschaftliche Basis der Presse, die mittelbar Beeinträchtigungen der Freiheit der redaktionellen Arbeit sind.

Um dem in der Verfassung festgehaltenen Auftrag gerecht werden zu können, setzt sich das von dem Bundesverband der Digitalpublisher und Zeitungsverleger und dem Medienverband der freien Presse gegründete Bündnis.Zukunft.Presse dafür ein, dass bei allen die Branche berührenden staatlichen Regelungen ab sofort ein Belastungsstopp für digitale und gedruckte Presseerzeugnisse verankert wird. Nur so kann die Zukunft professioneller redaktioneller Angebote sichergestellt werden. 

Die jetzt notwendigen Schritte zur Sicherung der Institution der freien Presse

Die deutschen Pressehäuser haben eine der weltweit führenden digitalen Medienlandschaften etabliert und in den letzten drei Jahrzehnten Milliarden in die digitale Transformation ihrer Medienkanäle investiert.

Damit dieser zukunftsorientierte Wandel fortgesetzt werden kann, sind – neben dem Belastungsstopp – eine sachgerechte Förderung und die Herstellung fairer und funktionierender Märkte unverzichtbar.

1. Mehrwertsteuer senken – Presse finanzierbar machen – Journalismus stärken

Dringend erforderlich ist eine staatsferne, diskriminierungsfreie und ordnungspolitisch unangreifbare Förderung digitaler wie gedruckter Presseangebote. Dafür muss die Mehrwertsteuer für die periodische Presse unter Beibehaltung des Vorsteuerabzugs auf 0 Prozent reduziert werden. Diese Maßnahme ist ordnungspolitisch unbedenklich, inhaltsneutral, leicht umsetzbar und bürokratiefrei. Sie wird kurzfristig zur Finanzierung digitaler wie gedruckter Publikationen beitragen und so den Raum für die Etablierung neuer Geschäftsmodelle geben. Eine Reduzierung der Mehrwertsteuer für die Presseangebote der Verlage ist ein wesentlicher Beitrag zu einer hochwertigen und verlässlichen Information der Menschen in Deutschland und damit für eine Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

2. Plattform-Dominanz einhegen – Vielfalt herstellen – Werte bewahren

Je weiter die Dominanz von Technologieplattformen wächst, desto gefährlicher wird die Willkür dieser Torwächter in der Verbreitung von Inhalten für Freiheit und Demokratie. Technologiekomplexe aus den USA und China entscheiden heute über die Sichtbarkeit von Publikationen und damit über deren Finanzierbarkeit und über die Meinungsbildung im digitalen Raum in Deutschland. Wir brauchen eine gesicherte Auffindbarkeit digitaler Presseangebote bei digitalen Gatekeepern sowie ein Verbot der Bevorzugung von KI-Mediensubstituten. Dass redaktionelle Inhalte der Pressehäuser gegenüber ungenehmigter Verwertung durch Künstliche Intelligenz geschützt werden müssen, liegt auf der Hand. Dafür sind ein robustes Verfügungs- und Vergütungsrecht und eine Verpflichtung von KIAnbietern zur Auskunft über die Verwendung aller Verlagsinhalte zu Trainings- und sonstigen Zwecken unverzichtbar.

3. Keine öffentlich-rechtliche Presse – Wettbewerb schützen – Marktchancen erhöhen

Die milliardenschwere Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Medienkomplexes ist eine massive Wettbewerbsverzerrung in den digitalen Märkten und gefährdet die Zukunftsperspektiven der marktwirtschaftlich finanzierten freien Presse unmittelbar. Die Rundfunkanstalten haben einen verfassungsgemäßen Kernauftrag der Grundversorgung, den sie aber in der digitalen Dimension der Medienmärkte zunehmend überschreiten. Die ungebremste und wettbewerbsverzerrende Expansion der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten in die digitalen Zukunftsmärkte der freien Presse muss effektiv reguliert und sein vage formulierter „Grundauftrag“ zeitgemäß definiert werden. Staatliche und öffentlich-rechtliche Presseangebote müssen unterbleiben.

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