„Das hat völlig unnötig viel Porzellan zerschlagen“

10. Januar 2025
Brandenburg erwartet Vorschläge zur Reform der Filmförderung von der nächsten Bundesregierung / Für Bremen ist die Stärkung des regionalen Journalismus ein medienpolitischer Schwerpunkt für 2025

Fragen an Kathrin Schneider (SPD), Ministerin und Chefin der Staatskanzlei in Brandenburg und Dr. Olaf Joachim (SPD), Staatsrat für Medienangelegenheiten, Bremens

Brandenburg zählt mit zu den wichtigsten Filmstandorten in Deutschland. Dementsprechend gehört die Filmpolitik und die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit des Studio- und Produzentenstandortes zu den Schwerpunkten der Landespolitik. „Einer weiteren Abwanderung von Produktionen an Standorte außerhalb Deutschlands muss unbedingt entgegengewirkt werden; die künftige Bundesregierung muss hierzu nach Amtsantritt so schnell wie möglich einen geeigneten Vorschlag unterbreiten“, sagt Kathrin Schneider, Chefin der Staatskanzlei in Brandenburg, auf unsere Frage. Kritisch geht sie auch mit ARD und ZDF ins Gericht: Nach ihrer Meinung, hängt vom Klageverfahren in Karlsruhe ab, ob alle Länder im Frühjahr den neuen Finanzierungsstaatsvertrag unterschreiben. Dr. Olaf Joachim, Staatsrat für Medienangelegenheiten Bremens, sieht die öffentlich-rechtlichen Anstalten in der Verantwortung, auf Basis des bestehenden Auftrags ihren Beitrag zu leisten, „Wirtschaftlichkeitsreserven zu heben und so zu einem angemessenen Rundfunkbeitrag in der Zukunft beizutragen“.

Kathrin Schneider, Brandenburg:

medienpolitik.net: Frau Schneider, wo liegen für Ihre Landesregierung die medienpolitischen Schwerpunkte für 2025?

Schneider: Brandenburg setzt auch mit seiner neuen Landesregierung auf starke Medien und Medienvielfalt. Wir stehen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Aber wir müssen ihn auch zukunftsfähig aufstellen.   Brandenburg und Berlin haben deswegen Anfang 2024 einen neuen Staatsvertrag für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) in Kraft gesetzt. Mit diesem Staatsvertrag haben wir einerseits die Konsequenzen aus der rbb-Krise gezogen und die Compliance- und Transparenzvorgaben deutlich nachgeschärft sowie die Gremienkontrolle professionalisiert.  Andererseits sind wir mit verbesserten Rahmenbedingungen für die Digitalisierung und Flexibilisierung z.B. der Hörfunkprogramme und der Stärkung der Regionalberichterstattung wichtige Schritte für eine moderne und auf die Kernaufgabe konzentrierte Ausrichtung des rbb gegangen. Jetzt geht es um die weitere Umsetzung des neuen Staatsvertrages.

Außerdem wollen wir uns im Jahr 2025 gemeinsam mit Berlin intensiv mit den privaten Medien beschäftigen, damit die Bürgerinnen und Bürger in allen Teilen des Landes von einer vielfältigen Medienlandschaft profitieren können.  Dazu wollen wir den Medienstaatsvertrag Berlin-Brandenburg novellieren und die Förderung lokaljournalistischer Angebote durch die Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg fortsetzen. Zudem ist es unser Ziel, eine flächendeckende digitale Hörfunkverbreitung zu erreichen. Deshalb werden wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen Umstieg von UKW auf DAB+ prüfen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Unterstützung der Film- und Medienproduktion. Es gilt den international bedeutenden Filmstandort Brandenburg auch angesichts sich wandelnder Medienmärkte zu sichern. Wir unterstützen daher die Novelle der Filmförderung auf Bundesebene, um den Standort und die gesamte Branche nachhaltig zu stärken. Einer weiteren Abwanderung von Produktionen an Standorte außerhalb Deutschlands muss unbedingt entgegengewirkt werden; die künftige Bundesregierung muss hierzu nach Amtsantritt so schnell wie möglich einen geeigneten Vorschlag unterbreiten. Künstliche Intelligenz wird die Medienproduktion revolutionieren. Wir wollen diese Technologien aktiv mitgestalten und ihre wirtschaftlichen Potenziale heben. Dabei setzen wir auf eine starke digitale Infrastruktur und innovative Projekte wie den MediaTech Hub Potsdam.

 „Künstliche Intelligenz wird die Medienproduktion revolutionieren. Wir wollen diese Technologien aktiv mitgestalten und ihre wirtschaftlichen Potenziale heben.“

medienpolitik.net: Die Länder haben einen sehr umfangreichen Reformkatalog erarbeitet, durch den die KEF Ende der nächsten Beitragsperiode (2025-2028) mit ersten Einspareffekten bei den Anstalten rechnet. Welche Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang an die öffentlich-rechtlichen Sender?

Schneider: Brandenburg hat sich länderübergreifend und von Beginn an für tiefgreifende Reformen eingesetzt. Seit Oktober steht nun das Reformpaket der 16 Länder und weist einen klaren Weg: Wir brauchen eine Konsolidierung und eine Qualitätsverbesserung. Zentrale Aspekte aus dem Reformpaket der Länder gelten ab den Jahren 2027 bis 2029 und entfalten ab dann auch ihre Wirkung.  Wir erwarten aber, dass die Rundfunkanstalten sich bereits jetzt noch mehr anstrengen und alle Möglichkeiten für Einsparungen und zur Strukturoptimierung nutzen. Es ist darüber hinaus ein großer Erfolg, dass sich die Länder im Dezember 2024 auf eine Neuordnung des Finanzierungsverfahrens verständigt haben. Der Rundfunkbeitrag bleibt 2025 und 2026 stabil – das ist gut so. Dafür hat sich Brandenburgs Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke seit langem eingesetzt. Ab 2027 soll dann ein neues Verfahren der Beitragsfestsetzung greifen. 

Warum ARD und ZDF mit ihrem Gang nach Karlsruhe die Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember nicht mehr abwarten konnten, erschließt sich mir nicht. Das hat völlig unnötig viel Porzellan zerschlagen. Vom Fortgang des verfassungsrechtlichen Verfahrens wird abhängen, ob im Frühjahr 2025 alle Länder ihre Unterschrift unter den Staatsvertrag setzen können. Ich bin überzeugt, dass der Beschluss der Länder der Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF die Grundlage entzieht. Die Gefahr einer Unterfinanzierung sehe ich nicht. Schließlich haben die Rundfunkanstalten eine gute Milliarde Euro an Rücklagen, um etwaige finanzielle Engpässe in den nächsten zwei Jahren zu kompensieren. Mit dem beschlossenen Systemwechsel bleibt die funktionsgerechte Finanzierung auch ab 2027 gesichert.

 Dr. Olaf Joachim, Bremen:

 medienpolitik.net: Herr Joachim, wo liegen für Ihre Landesregierung die medienpolitischen Schwerpunkte für 2025?

Joachim: Die Länder haben auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig mit dem Reformstaatsvertrag weitgehende Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verabschiedet. Auch der Staatsvertrag zum Jugendmedienschutz ist 2024 zum Abschluss gekommen. Im kommenden Jahr wird zunächst die Umsetzung der Europäischen Vorgaben aus dem European Media Freedom Act im Zentrum der Medienpolitik stehen. Dies bietet den Ländern auch die Chance, eigene Akzente, etwa im Medienkonzentrationsrecht, zu setzen, die ergriffen werden sollten. Auch ist im Kontext der nationalen Gesetzgebung zu den weiteren europäischen Gesetzgebungsakten, wie der KI-Verordnung, sicherzustellen, dass die publizistische Vielfalt in Deutschland gewahrt wird. Schließlich wird in das Zentrum der Medienpolitik wieder die Stärkung des regionalen Journalismus rücken, die bereits in der Protokollerklärung zum Medienstaatsvertrag von den Ländern als Handlungsbereich identifiziert worden ist. Angesichts der verstärkten Konzentrationsentwicklungen auf dem Medienmarkt steht die Medienpolitik hier vor großen Herausforderungen.

„In das Zentrum der Medienpolitik wird wieder die Stärkung des regionalen Journalismus rücken.“

medienpolitik.net: Die Länder haben einen sehr umfangreichen Reformkatalog erarbeitet, durch den die KEF Ende der nächsten Beitragsperiode (2025 - 2028) mit ersten Einspareffekte bei den Anstalten rechnet Welche Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang an die öffentlich-rechtlichen Sender?

Joachim: Im Auftrag der Länder hat die KEF ein Sondergutachten erstellt, in dem diese wesentlichen Teile des Reformstaatsvertrages bewertet hat. Danach werden zumindest in den Jahren 2025 und 2026 die Einspareffekte des beschlossenen Reformstaatsvertrages zunächst begrenzt sein. Erst in der darauf folgenden Beitragsperiode wird es größere Effekte geben. Die Anstalten sind daher weiter in der Verantwortung auf Basis des bestehenden Auftrags ihren Beitrag dazu zu leisten, Wirtschaftlichkeitsreserven zu heben und so zu einem angemessenen Rundfunkbeitrag in der Zukunft beizutragen. Der Dritte Medienänderungsstaatsvertrag hat mit der Einführung von Benchmarks ebenfalls Impulse gesetzt und der Reformstaatsvertrag dient mit seinen weitergehenden Vorgaben zur Steigerung der Kostentransparenz ebenfalls dem Ziel, dass die Anstalten besser wirtschaften.  

 

 

 

 

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