
Fragen an Dr. Carsten Brosda (SPD), Senator für Kultur und Medien Hamburgs
Für Carsten Brosda, Medien –und Kultursenator Hamburgs bleibt die Sicherung der Meinungsvielfalt die Kernaufgabe der Medienpolitik. Dazu gehört für ihn, endlich die bestehenden Regelungen des fernsehzentrierten Medienkonzentrationsrechts in die digitale Wirklichkeit zu übersetzen. Es gelte, neue Kriterien zu entwickeln, die den Einfluss von Plattformen, sozialen Netzwerken und übergreifenden Medienkonzernen in ihrer Gesamtheit berücksichtigten. Der European Media Freedom Act (EMFA) liefere hierzu wertvolle Impulse. Die Länder müssten ihre Spielräume nutzen, „um eine kluge, für den deutschen Medienmarkt passgenaue Regulierung zu schaffen.“ Im Zusammenhang mit der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hofft Brosda, dass alle Länder auch dem Finanzierungsstaatsvertrag zustimmten. Diese Neuordnung des Verfahrens sei wichtig, „um aus der Frage rund um die Höhe des Rundfunkbeitrags die Emotionalität rauszunehmen und das Beitragsverfahren stattdessen wieder an den sachlichen Notwendigkeiten auszurichten, damit die Anstalten die Planungssicherheit bekommen, die sie zur Erfüllung ihres besonderen demokratischen Auftrags brauchen.“
medienpolitik.net: Herr Brosda, wo liegen für Ihre Landesregierung die medienpolitischen Schwerpunkte für 2025?
Brosda: Im Jahr 2025 steht die Medienpolitik erneut vor zentralen Weichenstellungen, die sowohl die demokratische Öffentlichkeit als auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Medienbranche nachhaltig prägen werden. Die Sicherung der Meinungsvielfalt bleibt dabei ein Kernanliegen. Wir müssen es endlich schaffen, die bestehenden Regelungen des fernsehzentrierten Medienkonzentrationsrechts in die digitale Wirklichkeit zu übersetzen. Der Fokus auf Zuschaueranteile allein greift in einer zunehmend digitalisierten und konvergenten Medienlandschaft zu kurz. Es gilt, neue Kriterien zu entwickeln, die den Einfluss von Plattformen, sozialen Netzwerken und übergreifenden Medienkonzernen in ihrer Gesamtheit berücksichtigen. Der 2024 endgültig verabschiedete European Media Freedom Act (EMFA) liefert hierzu wertvolle Impulse. Ich werbe dafür, sie auch auf nationaler Ebene aufzunehmen, um die demokratische Meinungsbildung auch langfristig abzusichern. Wir sollten unsere Spielräume als Länder unbedingt nutzen, um eine kluge, für den deutschen Medienmarkt passgenaue Regulierung zu schaffen.
Aber auch über das Medienkonzentrationsrecht hinaus bietet die Anpassung des Medienstaatsvertrages an die europäischen Vorgaben die Gelegenheit, den Schutz der Medienfreiheit in Deutschland zu stärken und den fairen Wettbewerb zwischen Medienunternehmen zu gewährleisten.
Eine lebendige, vielfältige Medienlandschaft braucht auch wirtschaftliche Stabilität. Die private Medienwirtschaft verändert sich weiter rasant. Der Wandel von Print zu Digital und die Umbrüche in den Werbemärkten erfordern passgenaue politische Unterstützung. Hamburg wird sich dafür einsetzen, überflüssige Regulierung zu vermeiden und wirtschaftliche Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass journalistische Qualität und publizistische Vielfalt erhalten bleiben.
Wichtig wird natürlich auch, dass die Länder endlich die jüngst auf den Weg gebrachten Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk umgesetzt bekommen und dabei der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der Sender gerecht werden. Wir setzen alles daran, dass die Reformen ebenso wie die Novelle des Jugendmedienschutzes, im nächsten Jahr die Zustimmung aller 16 Landesparlamente finden.
„Die deutsche Filmwirtschaft ächzt und wartet dringend auf die Umsetzung der vom Bund nun schon seit längerer Zeit angekündigten Filmförderreform mit allen drei Säulen.“
Auch die deutsche Filmwirtschaft ächzt und wartet dringend auf die Umsetzung der vom Bund nun schon seit längerer Zeit angekündigten Filmförderreform mit allen drei Säulen. Die Länder sind hier weiterhin bereit, konstruktiv am Gelingen mitzuarbeiten. Dringendes Handeln ist hier absolut geboten und ich hoffe, dass eine neue Bundesregierung die Bedeutung der Filmwirtschaft für die deutsche Kreativwirtschaft sowie die deutsche Wirtschaft und Kulturlandschaft schnell erkennt und ihren Erkenntnissen auch Taten folgen lässt. Ich bin sehr froh, dass wir hier in Hamburg mit einer Erhöhung des Etats der MOIN Filmförderung um insgesamt zehn Millionen Euro in 2025 und 2026 die Branche deutlich stärken werden und die Weichen stellen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und die Weiterentwicklung des Filmstandorts im Norden.
medienpolitik.net: Die Länder haben einen sehr umfangreichen Reformkatalog erarbeitet, durch den die KEF Ende der nächsten Beitragsperiode (2025 - 2028) mit ersten Einspareffekten bei den Anstalten rechnet. Welche Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang an die öffentlich-rechtlichen Sender?
Brosda: Es ist gut, dass sich die Länder auf ein Gesamtpaket zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verständigt haben, das neben den inhaltlichen und organisatorischen Regelungen auch einen Systemwechsel bei der Finanzierung vorsieht. Diese Neuordnung des Verfahrens ist wichtig, um aus der Frage rund um die Höhe des Rundfunkbeitrags die Emotionalität rauszunehmen und das Beitragsverfahren stattdessen wieder an den sachlichen Notwendigkeiten auszurichten, damit die Anstalten die Planungssicherheit bekommen, die sie zur Erfüllung ihres besonderen demokratischen Auftrags brauchen. Ich hoffe, dass am Ende alle Länder auch beim Finanzierungsstaatsvertrag mitmachen. Das ist meines Erachtens nämlich der beste Weg, um eine Beitragserhöhung jetzt sofort zu vermeiden, weil zunächst die Rücklagen aufgebraucht werden und auf Grundlage des veränderten Auftrags eine neue KEF-Berechnung erfolgt, die dann nach dem neuen Verfahren in Kraft umgesetzt werden kann.
„Wir müssen es endlich schaffen, die bestehenden Regelungen des fernsehzentrierten Medienkonzentrationsrechts in die digitale Wirklichkeit zu übersetzen.“
Ein einseitiger Ruf nach Einsparungen wird der Bedeutung der Öffentlich-Rechtlichen nicht gerecht. Natürlich müssen die Anstalten sorgsam mit ihren Beitragsmitteln umgehen und der Reformstaatsvertrag enthält hierzu wichtige Regelungen, die den Weg für eine möglichst dauerhafte Beitragsstabilität ebnen. Auch die Anstalten selbst haben bereits richtige Schritte für mehr Kooperationen und eine Steigerung der Effizienz unternommen. Die entscheidende Frage ist aber, wie die öffentlich-rechtlichen Anbieter auch in einer sich verändernden Medienwelt die Bürgerinnen und Bürger weiterhin gut mit Informationen versorgen können. Das wertvollste Gut, das sie haben, ist das besondere Vertrauen, das ihren Angeboten nach wie vor entgegengebracht wird. Wie ungebrochen dieses auch bei jüngeren Menschen ist, zeigt beispielsweise die große Reichweite der „tagesschau“ auf Drittplattformen. Wer dieses Vertrauen bewusst angreift, der beschädigt langfristig das öffentlich-rechtliche System insgesamt und damit auch die Grundlage einer aufgeklärten, informierten Öffentlichkeit. Die Wahlen in den USA haben abermals gezeigt, wie wichtig es ist, funktionierende gesellschaftliche Informations- und Kommunikationsräume zu haben. Eine demokratische Öffentlichkeit braucht eine gemeinsame Verständigungsbasis. Diese zu schaffen, ist der besondere Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dafür brauchen wir ihn gerade in dieser Zeit.
Da sich die Mediennutzung verändert, wird sich aber auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk verändern müssen. Will er weiter alle Menschen erreichen, muss er digitaler, innovativer und auch effizienter werden. Der Reformstaatsvertrag enthält hierzu gute Vorschläge. Beispielsweise die Festschreibung eines gemeinsamen technischen Plattformsystems, mit dem die Anstalten sich unter Beibehaltung ihrer etablierten Marken technisch stärker vernetzen sollen. Zusammen mit gegenseitigen Empfehlungen und der Einbeziehung Dritter kann so tatsächlich ein gemeinwohlorientierter öffentlicher Raum entstehen, wie ihn der Reformstaatsvertrag als Ziel vorgibt. Klug ist aus meiner Sicht die Ergänzung des Versorgungsauftrags im Sinne der erweiterten Kooperationen mit Privaten, etwa durch Embedding oder einer sonstigen Vernetzung von Inhalten und Angeboten. Diese Kooperationen sollten perspektivisch weiter ausgebaut werden, um auch in der digitalen Öffentlichkeit, die stark von großen, internationalen Konzernen geprägt ist, auf ein selbstbestimmtes und wettbewerbsfähiges duales Mediensystem zurückgreifen zu können. Daran wird in der von Hamburg unterstützten „Beyond Platforms Initiative“ intensiv gearbeitet. Unser gemeinsames Ziel sollte sein, neue Formen der Zusammenarbeit, auch im Bereich der technologischen Innovationen, zu ermöglichen.
Der Gesetzgeber kann immer nur den abstrakten Rahmen vorgeben. Über das Wissen und die kreative Energie, wie die staatsvertraglichen Regelungen bestmöglich und im Sinne des Gemeinwohls umgesetzt werden, verfügen die Anstalten. Es gilt daher die Reformen zügig von allen Ländern auf den Weg zu bringen, damit die Anstalten diese mit Leben füllen und die öffentlich-rechtlichen Medien in die Zukunft führen können.