„Erst müssen die Reformen wirken, dann wird der Beitrag angepasst“

14. Januar 2025
Florian Graf, Chef der Senatskanzlei Berlins und Benedikt Kuhn, Chef der Staatskanzlei Hessens
Florian Graf, Chef der Senatskanzlei Berlins und Benedikt Kuhn, Chef der Staatskanzlei Hessens
Berlin erwartet, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk stärker auf seine Kernaufgaben konzentriert und mehr Geld ins Programm und nicht ins Personal fließt. Hessen will dafür sorgen, dass auch der private Rundfunk zukunftsfähig bleibt.

Fragen an Florian Graf (CDU), Chef der Senatskanzlei Berlins und Benedikt Kuhn (CDU), Chef der Staatskanzlei Hessens

Berlin zählt zu den wichtigen medienpolitischen Aufgaben neben der Novellierung des rbb-Staatsvertrages zusammen mit Brandenburg, die weitere Unterstützung der Filmwirtschaft. Im Zusammenhang mit einem neuen Finanzierungsmodell erwartet der Berliner Senatvon der künftigen Bundesregierung einen konkreten Vorschlag zur fairen Verteilung der Steuerausfälle, die zulasten der Bundesländer gehen.“ Die hessische Landesregierung geht davon aus, dass die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Länder auch 2025 weiter begleiten werde. Man setze, so der Chef der Staatskanzlei Benedikt Kuhn „weiter auf eine Kompromisslösung zwischen Ländern und Anstalten im Hinblick auf die Verfahren in Karlsruhe.“ Nachdem sich die Rundfunkkommission der Länder in den vergangenen Jahren sehr intensiv mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk beschäftigt habe, möchte Hessen in Zukunft den privaten Rundfunk stärker in den Blick nehmen.    

Florian Graf, Chef der Senatskanzlei Berlins:

medienpolitik.net: Herr Graf, wo liegen für Ihre Landesregierung die medienpolitischen Schwerpunkte für 2025?

Graf: Das Jahr 2025 ist von zahlreichen Herausforderungen im Film- und Medienbereich geprägt. Der Reformstaatsvertrag zur Zukunftssicherung und kostengünstigeren Aufstellung von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist auf der Zielgeraden und wartet auf die Beschlussfassung durch die Landesparlamente. Eine Anpassung des rbb-Staatsvertrags wird dadurch erforderlich werden, den wir gemeinsam mit Brandenburg novellieren wollen. Hier wird auch die Frage des künftigen Hörfunk- und Fernsehangebots mit diskutiert werden. Zudem soll der mabb-Staatsvertrag novelliert werden. Ziel ist eine weitere Reduzierung des Vorwegabzugs, um dem gewachsenen Aufgabenspektrum der mabb gerade auch im Bereich der Medienaufsicht und der Medienkompetenzförderung gerecht zu werden. Zudem muss der UKW-DAB-Umstieg im Einklang mit den privaten Hörfunkveranstaltern verbindlich und marktgerecht geregelt werden.

Bei unserer sehr erfolgreichen Filmförderung, dem Medienboard Berlin-Brandenburg, steht ein Generationswechsel an: Kirsten Niehuus geht nach über 20 Jahren an der Spitze, in denen Berlin auch Filmhauptstadt wurde, in den Ruhestand. Mit Sarah Duve-Schmid übernimmt eine engagierte und erfahrene Filmfrau das Ruder, die die Förderkritierien und die Förderprozesse evaluieren und weiterentwickeln soll.

Nach der FFG-Novelle auf Bundesebene steht die Frage der weiteren Unterstützung der Filmbranche im Raum. Die Länder sind hier mit dem Bund weiterhin gesprächsbereit, erwarten aber Wir sind uns dessen sehr bewusst, dass die Filmbranche politische Unterstützung braucht, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

„ARD und ZDF sollten sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren – Information, Beratung und Bildung.“ Florian Graf

medienpolitik.net: Die Länder haben einen sehr umfangreichen Reformkatalog erarbeitet, durch den die KEF Ende der nächsten Beitragsperiode (2025 - 2028) mit ersten Einspareffekte bei den Anstalten rechnet Welche Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang an die öffentlich-rechtlichen Sender?

Graf: ARD und ZDF sollten sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren – Information, Beratung und Bildung. Das sind Alleinstellungsmerkmale im Markt, die zu großen Teilen nicht von privaten Anbietern abgedeckt werden, sieht man von den Nachrichtenkanälen WELT und n-tv ab. Der Kampf um teure Fußballrechte, Spielfilme und kostspielige Serienproduktionen kann durchaus den privaten Wettbewerbern überlassen werden. Auch personell muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk so aufgestellt werden, dass ein Großteil des Rundfunkbeitrags ins Programm und nicht ins Personal fließt.

Benedikt Kuhn, Chef der Staatskanzlei Hessens:

medienpolitik.net: Wo liegen für Ihre Landesregierung die medienpolitischen Schwerpunkte für 2025?

Kuhn: Auch 2025 wird uns die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiter begleiten. Die Regierungschefinnen und -chefs der Länder haben im Herbst 2024 mit dem Reformstaatsvertrag weitreichende Schritte beschlossen, die ARD, ZDF und Deutschlandradio für die Zukunft digitaler, schlanker und moderner aufstellen werden. Der Hessische Rundfunk mit seinem Intendanten Florian Hager an der Spitze nimmt im Reformprozess eine Vorreiterrolle ein. So hat er zum Beispiel schon im Juni 2024 seine Radiostrategie mit weitreichenden Änderungen präsentiert. Das wird von der Hessischen Landesregierung ausdrücklich unterstützt. Die Unterzeichnung des Reformstaatsvertrages steht im März 2025 an. Im Anschluss sind mit dem Zustimmungsgesetz auch landesrechtliche Anpassungen geplant.

Bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wollen wir als Ländergemeinschaft ein neues Verfahren zur künftigen Beitragsfestsetzung etablieren und setzen weiter auf eine Kompromisslösung zwischen Ländern und Anstalten im Hinblick auf die Verfahren in Karlsruhe. Für uns bleibt es bei dem Grundsatz: Erst müssen die Reformen wirken, dann wird der Beitrag angepasst.

Nachdem sich die Rundfunkkommission der Länder in den vergangenen Jahren sehr intensiv mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk beschäftigt hat, möchten wir in Zukunft aber auch den privaten Rundfunk stärker in den Blick nehmen. Ein erster Schritt wurde bereits im Reformstaatsvertrag gegangen, der stärkere Kooperationen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern ermöglicht. Ein medienpolitischer Schwerpunkt der christlich-sozialen Landesregierung im neuen Jahr wird sein, die Herausforderungen der Zukunft für den privaten Rundfunk zu betrachten und gegebenenfalls Änderungsvorschläge zu unterbreiten, damit auch dieser zukunftsfähig bleibt.

Im neuen Jahr steht außerdem das Ratifizierungsverfahren in den Landtagen für den 6. Medienänderungsstaatsvertrag an, mit dem wir den technischen Jugendmedienschutz stärken wollen. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen im Digitalen ist für uns ein wichtiges Anliegen. Wir wollen mit diesem Staatsvertrag erreichen, dass dieser Schutz zeitgemäß ist und dem Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen entspricht.

Im Jahr 2025 steht auch die nationale Umsetzung des Europäischen Medienfreiheitsgesetzes als weiteres wichtiges Vorhaben an.  Wir prüfen derzeit, in welchen Bereichen es der Umsetzung bedarf, auch angesichts des bestehenden hohen Schutzniveaus der deutschen Medienordnung.

„Ein medienpolitischer Schwerpunkt der christlich-sozialen Landesregierung ist es, die Herausforderungen der Zukunft für den privaten Rundfunk zu betrachten und gegebenenfalls Änderungsvorschläge zu unterbreiten, damit auch dieser zukunftsfähig bleibt.“ Benedikt Kuhn

medienpolitik.net: Die Länder haben einen sehr umfangreichen Reformkatalog erarbeitet, durch den die KEF Ende der nächsten Beitragsperiode (2025 - 2028) mit ersten Einspareffekten bei den Anstalten rechnet. Welche Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang an die öffentlich-rechtlichen Sender?

Kuhn: Die Hessische Landesregierung erwartet von den Rundfunkanstalten, dass sie den Reformprozess aktiv mitgehen und mitgestalten, ihre Angebote weiterentwickeln sowie die jetzt schon möglichen Einspar- und Strukturoptimierungsmöglichkeiten ergreifen. Die auch von der KEF aufgezeigten Wirtschaftlichkeitspotenziale müssen genutzt werden. Eine umfassende Kooperation und effektive Arbeitsteilung sowohl innerhalb der ARD als auch mit Blick auf das ZDF und das Deutschlandradio sind nötig. Gerade die Digitalisierung und eine stärke Fokussierung auf den Onlinebereich bieten viele neue Möglichkeiten. Wir erwarten insbesondere, dass die Anstalten bei ihrer nächsten Bedarfsanmeldung den Reformen Rechnung tragen.

 

 

 

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