Von Nathanael Liminski, Medienminister und Chef der Staatskanzlei in NRW
Die AfD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag hat in der Sitzung vom 24. Januar 2024 einen Antrag unter dem Titel „Nein zum GEZ-Automatismus! Die demokratische Debatte zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags darf nicht durch Automatismen wie Indexierung oder Korridorvorgaben ausgehöhlt werden“ eingebracht. Darin stellen die AfD-Abgeordneten fest, dass Automatismen zur Beitragsfestsetzung die Repräsentation des Willens des Wahlvolkes in den politischen Debatten unterminieren und daher abzulehnen seien. Zugleich forderten sie, dass sich der Landtag Nordrhein-Westfalen gegen jede Bestrebung verwahre, „seine Mitwirkungsrechte bei der Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugunsten vermeintlich unpolitischer ‚Expertengremien“ zu beschneiden“. In seiner Rede ging Nathanael Liminski, Medienminister und Chef der Staatskanzlei in NRW auf den AfD-Antrag ein und lehnte ihn im Namen der Landesregierung ab.
„Die AfD setzt mit ihrem Antrag auf ihre hinlänglich bekannten, wiederholt vorgetragenen Forderungen zu Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Diese Forderungen verweigern sich – so darf man inzwischen vermuten: bewusst – der Realität und dienen damit nur dem Zweck, dem bereits laufenden Reformprozess zu schaden. So verkennt die pauschale Ablehnung einer Beitragserhöhung schlicht die Verfassungsrealität. Der Entscheidungsprozess zur Beitragsfestsetzung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen dreistufig ausgestaltet: Erst nach Bedarfsanmeldung durch die Anstalten und Bedarfsprüfung durch die KEF (die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) folgt auf dritter Stufe die Beitragsfestsetzung. Die KEF wird im kommenden Monat ihre Beitragsempfehlung abgeben. Aufsetzend auf dieser Empfehlung wird eine politische Entscheidung zu treffen sein, die die engen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur bedarfsgerechten Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzuhalten hat.
„Ein Automatismus zur Beitragserhöhung stand bisher ebenso wenig zur politischen Verantwortung.“
Die antragstellende Fraktion, die an anderer Stelle im Antrag die Aushöhlung ihrer verfassungsrechtlich verankerten Rechte befürchtet, würde – wenn sie konsequent und ehrlich wäre – auch im Übrigen verfassungsrechtliche Grundsätze im Blick behalten und keine unhaltbaren, weil verfassungswidrigen Forderungen stellen. Die Landesregierung ist sich ihrer politischen Verantwortung bei der Beitragsfestsetzung ebenso bewusst wie der politischen Verantwortung des Landtags. Ein Automatismus zur Beitragserhöhung stand bisher daher ebenso wenig zur politischen Verantwortung. Auch der Zukunftsrat, der letzte Woche seine Empfehlungen der Öffentlichkeit vorgestellt hat, hat aber ein Modell zur Beitragsfestsetzung vorgeschlagen, das eine effiziente Auftragserfüllung und sparsame Haushaltsführung einfordern soll. Es geht in der Diskussion um Eigenverantwortung und Planungssicherheit für die Anstalten und zugleich um Wirtschaftlichkeit mit dem übergeordneten Ziel einer größtmöglichen Beitragsstabilität.
Mit dem Antrag soll die Landesregierung ferner aufgefordert werden, sich für eine „tiefgreifende Reform des Programmauftrags zu engagieren“. Hier scheint die AfD etwas zu übersehen oder übersehen zu wollen: Wir befinden uns mitten im Erneuerungsprozess. Die Landesregierung treibt zusammen mit den anderen Ländern die Reformen konsequent und zügig voran:
- Mit dem 3. Medienänderungsstaatsvertrag wurde u.a. der Auftrag neu justiert; mit dem 4. Medienänderungsstaatsvertrag Compliance-Regeln eingeführt.
- Im Januar 2023 sind bereits umfassende weitere Reformen beschlossen und im Anschluss konkrete Diskussionsvorschläge erarbeitet worden.
- Am vergangenen Donnerstag hat der Zukunftsrat seinen Bericht mit weitgehenden Empfehlungen vorgestellt.
Diese Impulse werden im Kreis der Länder nun intensiv diskutiert werden. Ebenso wie die Vorschläge, die wir im Länderkreis selbst zwischenzeitlich entwickelt haben. Ziel ist die Zusammenstellung eines Katalogs von konkreten Maßnahmen, deren potentiell beitragssenkende Wirkung die KEF dann in einem Sondergutachten bewerten könnte.
Ziel aller Reformanstrengungen ist und muss es sein, die Relevanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu erhalten und durch einen verantwortlichen und transparenten Umgang mit Beitragsgeldern seine Akzeptanz dauerhaft zu sichern. Wir wollen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Breite der Gesellschaft abbildet und so seiner Integrationsfunktion nachkommt. Darum geht es der AfD mit ihrem Antrag gerade nicht. Unser Ziel ist klar: ein langfristig breit verankerter ÖRR, der publizistisch wirksam ist im Sinne des Gemeinwohls in unserem Land. Das Ziel der AfD, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu schwächen, unterstützt diese Landesregierung nicht. Der Antrag ist daher aus unserer Sicht abzulehnen.“