
Von Prof. Dr. Georgios Gounalakis, Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)
Zentrale Themen der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) waren 2024 die Herausforderungen für die Vielfaltsicherung durch den Einsatz von KI im Medienbereich sowie Auswirkungen des European Media Freedom Act (EMFA) auf die Arbeit der KEK. Bei der Anwendung von KI in der Präsentation und Produktion von Medieninhalten stellen sich neue Herausforderungen. Dies betrifft den Bereich der Vielfaltssicherung ebenso wie die damit verbundenen rechtlichen Implikationen der neuen Phänomene und Gefährdungslagen, denen der Gesetzgeber künftig zu begegnen hat. Für die Länder besteht aufgrund des EMFA zeitnah Handlungsbedarf bezüglich der nationalen Ausgestaltung. Maßgebliche Auswirkungen auf die künftige Arbeit der KEK wird dabei Art. 22 EMFA haben, der das Vorhalten eines nationalstaatlichen Verfahrens zur Bewertung von Zusammenschlüssen auf dem Medienmarkt vorschreibt, bei denen mindestens ein Mediendienste-Anbieter beteiligt ist. Da hierbei der Gedanke der Sicherung der Medien- und Meinungsvielfalt zugrunde liegt, bietet es sich an, diese Zusammenschlusskontrolle künftig der KEK zu übertragen.
Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) gibt mit dem vorliegenden Jahresbericht einen Rückblick auf ihre Tätigkeitsschwerpunkte im Jahr 2024. Die Aufgaben der KEK sowie deren Stellung im Organisationsrahmen der Medienanstalten werden vorgestellt. Ein Überblick über die Anzahl und Schwerpunkte der entschiedenen medienkonzentrationsrechtlichen Prüfverfahren will Transparenz schaffen. Erstmalig hat die KEK im Berichtszeitraum ein Verfahren der Benehmensherstellung mit dem Bundeskartellamt geführt. Ergänzend zu ihrer Prüftätigkeit hat die KEK im Berichtsjahr 2024 das bereits im Vorjahr schwerpunktmäßig behandelte Themenfeld der Künstlichen Intelligenz (KI) im Rahmen eines juristischen Fachgesprächs sowie in einem Experten-Workshop weiter vertieft.
Bei der Anwendung von KI in der Präsentation und Produktion von Medieninhalten stellen sich neue Herausforderungen. Dies betrifft den Bereich der Vielfaltssicherung ebenso wie die damit verbundenen rechtlichen Implikationen der neuen Phänomene und Gefährdungslagen, denen der Gesetzgeber künftig zu begegnen hat. Im Faktenteil des Jahresberichts werden Entwicklungen des bundesweiten Programmangebots sowie der Mediennutzung aufgezeigt und ein Überblick zu den wichtigsten Veranstaltergruppen im bundesweiten Fernsehen gegeben.
Die Kommission hat sich zudem mit der AGF Videoforschung zu Entwicklungen im Bereich der konvergenten Nutzungserfassung ausgetauscht. Ein weiteres Austauschgespräch hat mit Fensterprogrammveranstaltern zu den Rahmenbedingungen und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Regionalfensterprogrammen und Drittsendezeiten stattgefunden. Thematisiert wurde dabei auch der fünfte Medienänderungsstaatsvertrag, welcher im Berichtszeitraum in Kraft getreten ist. Dieser bestätigt durch klarstellende Ergänzungen im Bereich der Regionalfensterverpflichtungen unter anderem die bisherige Normauslegung und Anwendungspraxis der KEK.
Auf europäischer Ebene wurde der European Media Freedom Act (EMFA) als Verordnung verabschiedet, die unmittelbar und direkt in den Mitgliedstaaten im Laufe des Jahres 2025 schrittweise anwendbar sein wird. Der EMFA wird damit absehbar auch Auswirkungen auf die Arbeit der KEK haben. Mit den möglichen Auswirkungen hat sich die KEK im Jahre 2024 bereits befasst und wird das Thema auch im Jahre 2025 weiter als Schwerpunktthema behandeln.
Für die Länder besteht aufgrund des EMFA allerdings auch zeitnah Handlungsbedarf bezüglich der nationalen Ausgestaltung. Der EMFA verpflichtet Mediendienste-Anbieter zur Transparenz (Art. 6), insbesondere dazu, aktuelle Angaben zu ihrer Eigentümerstruktur sowie zu ihren Einnahmen aus staatlicher Werbung und von öffentlichen Stellen zu publizieren. Für die Mitgliedstaaten und damit die Länder leitet sich aus Art. 6 die weitere Verpflichtung ab, nationale Datenbanken zum Medieneigentum – sofern nicht bereits vorhanden – einzurichten, in denen die entsprechenden Informationen öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Mediendatenbank der KEK bildet die geforderten Informationen mehrheitlich bereits jetzt ab. Sie müsste künftig nur noch die bislang noch nicht berücksichtigten staatlichen Werbeeinnahmen erfassen. Die Umsetzung über die bestehende und die Anforderungen des Art. 6 bereits weitgehend erfüllende KEK-Mediendatenbank erscheint daher naheliegend. Der EMFA sieht des Weiteren Transparenzvorschriften für Anbieter von Systemen zur Publikumsmessung vor (Art. 24). Methodik und Anwendung dieser Systeme sollen durch eine unabhängige Stelle geprüft werden. Im Rahmen der schon seit längerem im Kreis der Länder diskutierten Reform des Medienkonzentrationsrechts präferieren die Länder ein Sektorenmodell, das von der KEK im Grundsatz begrüßt wird. Bei Anwendung dieses Sektorenmodells müsste die KEK perspektivisch auf eine Vielzahl von Systemen zur Publikumsmessung zurückgreifen. Vor diesem Hintergrund liegt auch eine Prüfung der Methodik und Anwendung dieser Systeme durch die KEK als „unabhängige Stelle“ nahe.
Maßgebliche Auswirkungen auf die künftige Arbeit der KEK wird freilich Art. 22 EMFA haben, der das Vorhalten eines nationalstaatlichen Verfahrens zur Bewertung von Zusammenschlüssen auf dem Medienmarkt vorschreibt, bei denen mindestens ein Mediendienste-Anbieter beteiligt ist. Die vorgesehene Bewertung von „Zusammenschlüssen“ betrifft Fälle des Kontrollerwerbs durch ein oder mehrere Unternehmen über ein oder mehrere andere Unternehmen. Da hierbei der Gedanke der Sicherung der Medien- und Meinungsvielfalt zugrunde liegt, bietet es sich an, diese Zusammenschlusskontrolle künftig ebenfalls der KEK zu übertragen. Der europäische Gesetzgeber hat die Zeichen der Zeit mittlerweile erkannt. Angesichts möglicher Übernahmeszenarien etwa von TikTok in den USA durch X und aktueller massiver politischer Einflussnahme-Versuche von Eigentümern großer Social-Media-Plattformen auf Wahlen in einzelnen europäischen Nationalstaaten, auch in Deutschland, sollten jetzt auch die Länder den Gefahren einseitiger Möglichkeiten der politischen Einflussnahme einzelner gesellschaftlicher Gruppen mutig und entschlossen begegnen. Dass soziale Netzwerke, insbesondere in jüngeren Altersgruppen, relevant sind für die Meinungsbildung und ein Faktor beim Agenda Setting, ist hinlänglich bekannt. Die Zeiten, in denen die Bildzeitung der „Kanzlermacher“ war und Fernsehduelle den Ausschlag gaben, sind längst vorbei. Heute werden mit Social Media die Wahlen gewonnen. Dort aber besteht eine Tendenz zur Bildung natürlicher Monopole: Dass soziale Netzwerke kaum Konkurrenz haben und in einzelnen Sektoren durch Marktführer wie X, Instagram, TikTok, Snapchat, WhatsApp und Co. dominiert werden, stellt ernsthaft niemand mehr in Frage; ebenso wenig, dass solche Angebote nicht auf Meinungsvielfalt gerichtet sind, sondern durch einseitige politische Interessen oder die wirtschaftliche Rationalität eines Geschäftsmodells bestimmt werden.
Ist die Meinungsvielfalt aber gefährdet, gerät auch die Demokratiesicherung dadurch ins Wanken. Dann sind Zivilgesellschaft und Politik gefragt. Ein Übernahme-Fall wie in den USA könnte hierzulande zwar nach Art. 22 EMFA im Hinblick auf die Auswirkungen auf den Medienpluralismus überprüft werden. Eine Bewertung einseitiger Einflussnahme durch einzelne gesellschaftliche Kräfte ist mit dem EMFA aber nicht möglich. Das im Reformmodell der Länder verfolgte „Sektorenmodell“ könnte demgegenüber beides einer Kontrolle zugänglich machen. Es bleibt also zu hoffen, dass die Länder sich doch noch auf die notwendige Reform verständigen. Der EMFA gibt jetzt dazu hinreichend Anlass, Vielfaltssicherung letztlich als unabdingbare Demokratiesicherung nicht nur zu begreifen, sondern auch umzusetzen. Denn wenn eine gewichtige ökonomische oder politische Gruppe bzw. der Staat selbst eine dominante Position über die Massenkommunikationsmittel – welcher Art auch immer – einnimmt, dann ist es der Anfang vom Ende der Demokratie.
Der Text von Prof. Dr. Georgios Gounalakis ist das Vorwort zum 26. Jahresbericht der KEK.
https://www.kek-online.de/publikationen/jahresberichte/26-jahresbericht/