Jedes zweite Kind hat ein eigenes Handy

03. Juni 2025
Mit Netflix wurde erstmals ein Streamingdienst zur beliebtesten Plattform für Filme, Serien und Videos bei Kindern

Die intensive Internetnutzung beginnt zunehmend im Kindesalter: 54 Prozent der Kinder, die online sind, nutzen das Internet täglich – ein Anstieg um sieben Prozentpunkte im Vergleich zu 2022. Besonders dynamisch ist die Entwicklung bei den online aktiven Acht- bis Neunjährigen: Hier hat sich der Anteil der täglichen Nutzung innerhalb von zwei Jahren fast verdoppelt – von 23 Prozent auf 40 Prozent. Dementsprechend nimmt auch das Smartphone als wichtigster Zugangsweg zum Internet im Alltag eine große Rolle ein. Knapp die Hälfte der Kinder (46 %) verfügt bereits über ein eigenes Gerät. Eine Entwicklung, die auch in den Schulen zu Handlungsbedarf führt: 77 Prozent der Kinder mit eigenem Gerät geben an, ihr Handy grundsätzlich in die Schule mitbringen zu dürfen. Ein besonders deutlicher Wandel zeigt sich beim Bewegtbildkonsum: Seit Beginn der Studienreihe im Jahr 1999 dominierten die Kindersender KiKA und Super RTL die Liste der beliebtesten Angebote. In der KIM-Studie 2024 wurde mit Netflix nun erstmals ein Streamingdienst zur beliebtesten Plattform für Filme, Serien und Videos – mit 21 Prozent liegt er klar vor KiKA (14 %) und YouTube (11 %), wenngleich der öffentlich-rechtliche Kindersender weiterhin das wöchentlich am meisten genutzte Angebot ist.

Zusammenfassung

Mit der aktuellen KIM-Studie 2024 (Kindheit, Internet, Medien) legt der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) die 15. Ausgabe der Studienreihe vor und deckt damit 25 Jahre der Entwicklung der Mediennutzung von Kindern im Alter von sechs bis 13 Jahren ab. Die repräsentative Basisstudie wurde in der Zeit vom 18. September 2024 bis zum 07. November 2024 durchgeführt, hierzu wurden 1.225 Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren und deren Haupterzieherinnen persönlich befragt. Die Interviews mit den Kindern wurden computergestützt persönlich-mündlich (per CAPI) geführt, parallel zur Befragung der Kinder erfolgten die Elterninterviews per Selbstausfüllerfragebogen (Paper & Pencil).

Weitgehend flächendeckende Verfügbarkeit von Fernsehgeräten, Internetzugang und Smartphones

In den Haushalten, in denen Sechs- bis 13-Jährige aufwachsen, besteht eine weitgehend flächendeckende Verfügbarkeit von Fernsehgeräten, Internetzugang und Smartphones. Streamingdienste wie Netflix oder Prime Video sowie Smart-TVs gehören in etwa sieben von zehn Familien zur Ausstattung. Jeweils rund drei Fünftel der Haushalte verfügen über Tablets, Computer und feste Spielekonsolen. Digitale Sprachassistenten wie Alexa oder Google Assistant sowie spezielle Musikboxen für Kinder – etwa die Toniebox oder der Hörbert – sind in jeweils einem Drittel der Haushalte präsent. Im Vergleich zur KIM-Studie 2022 schreibt sich bei der Haushaltsausstattung der Trend der letzten Jahre fort, wonach die Verbreitung internetfähiger Geräte steigt, während rein offline nutzbare Geräte zunehmend seltener vorzufinden sind. Was die eigene Mediengeräte der Kinder betrifft, ist das Smartphone mit 46 Prozent am weitesten verbreitet. Mit zunehmendem Altersteigt der Smartphonebesitz deutlich von elf Prozent bei den Jüngsten auf vier Fünftel bei den Zwölf- bis 13-Jährigen an. Knapp ein Drittel der Kinder hat einen eigenen Fernseher (Smart-TV: 14 %) und einen Internetzugang. Jedes vierte Kinder besitzt eine tragbare Spielekonsole, eine feste Spielekonsole findet sich bei 22 Prozent. Jedes fünfte Kind hat eine Musikbox speziell für Kinder. Ein Laptop steht bei 13 Prozent der Kinder zur Verfügung, elf Prozent können im eigenen Zimmer auf Streamingdienste zugreifen. Mit Ausnahme spezieller Kindergeräte sind die meisten Geräte mit steigendem Alter öfter in den Kinderzimmern vorzufinden.

85 Prozent spielen regelmäßig drinnen und draußen

Was die Freizeitbeschäftigungen der Kinder betrifft, zählen das Treffen mit Freunden und Fernsehen (jeweils 94 %) sowie das Erledigen von Hausaufgaben bzw. Lernen (91 %) zu den Tätigkeiten, die von fast allen Kindern regelmäßig, also mindestens einmal pro Woche, ausgeführt werden. Etwa 85 Prozent spielen regelmäßig drinnen und draußen. Drei Viertel der Kinder unternehmen mindestens wöchentlich etwas mit der Familie oder den Eltern. Jeweils 70 Prozent geben an, regelmäßig Videos, Filme, Serien oder Sendungen im Internet (z. B. über YouTube oder Netflix) anzusehen sowie ein Handy oder Smartphone zu nutzen. Musik hören, Sport treiben und digitale Spiele (online oder offline) zählen bei jeweils zwei Dritteln der Kinder zu den wöchentlichen Beschäftigungen, jeweils rund die Hälfte liest in dieser Häufigkeit Bücher oder hört Radio. In der täglichen Nutzung dominiert das Fernsehen, etwa zwei Drittel sehen täglich fern, gut die Hälfte nutzt täglich das Handy oder Smartphone. Insgesamt zeigt sich, dass jüngere Kinder sich häufiger analog bzw. medienfrei beschäftigen, während ältere Kinder deutlich intensiver digitale Medien nutzen. Im langfristigen Trend nimmt die Bewegtbildnutzung im Netz weiter zu, während Lesen und Radiohören als Freizeitbeschäftigung langsam abnehmen. Die beliebteste Freizeitbeschäftigung ist das Treffen mit Freunden, an zweiter Stelle steht das Spielen im Freien, gefolgt von digitalen Spielen und Sport, die sich den dritten Platz teilen.

Zunehmende alleinige Nutzung von Medien

Ein weiterer Trend, der sich fortsetzt, ist die zunehmend alleinige Nutzung von Medien. Besonders häufig nutzen Kinder digitale Spiele am Handy (77 %) und Tablet (64 %) eher alleine. Auch beim Surfen im Internet ist die Mehrheit (59 %) überwiegend auf sich gestellt. Rund die Hälfte der Kinder gibt zudem an, Fernsehen, Onlinevideos/Streaminginhalte, Internetrecherche für die Schule sowie Spiele am Computer oder Laptop überwiegend allein zu nutzen. Medienaktivitäten, die eher gemeinsam mit den Eltern stattfinden, sind vor allem das Radiohören (57 %), das Ansehen von DVDs/Blu-rays (33 %) sowie die Internetrecherche für schulische Zwecke (38 %). Besonders beliebte Tätigkeiten mit Gleichaltrigen oder Geschwistern sind das gemeinsame Ansehen von DVDs/Blu-rays (38 %) und das Spielen an Computer oder Konsole (35 %). 78 Prozent der Kinder geben an, zumindest selten ein Handy oder Smartphone zu nutzen. Das Smartphone ist ein alltäglicher Begleiter. 96 Prozent der Kinder, die ein eigenes Handy besitzen, haben es dabei, wenn sie sich mit Freunden treffen. 82 Prozent nehmen es mit in die Schule und zwei Drittel mit zum Sportverein oder zur Jugendgruppe. Kinder mit eigenem Smartphone nutzen zu 44 Prozent jeden oder fast jeden Tag Apps auf dem Smartphone, gefolgt von der Kommunikation über Text-Nachrichten (41 %). Jedes dritte Kind tauscht sich täglich per Sprachnachricht aus, spielt Spiele am Smartphone oder sieht sich Fotos und Videos an. Ein Viertel telefoniert (fast) täglich mit Freunden. Bei der ungestützten Frage nach den drei liebsten Apps auf dem Smartphone steht WhatsApp an erster Stelle: Knapp die Hälfte der Kinder zählt die App zu ihren Top 3. YouTube bzw. YouTube Kids wird von 36 Prozent genannt, gefolgt von TikTok mit 27 Prozent. 72 Prozent der Kinder nutzen zumindest selten das Internet.

Kontinuierliche Zunahme der Internetnutzung

Mit steigendem Alter der Kinder zeigt sich eine kontinuierliche Zunahme der Internetnutzung. Zwischen den Sechs- bis Siebenjährigen (37 %) und den Acht- bis Neunjährigen (67 %) liegt der deutlichste Sprung (+30 PP). Kinder im Alter von zehn bis elf Jahren nutzen bereits zu 88 Prozent das Internet, bei den ältesten sind es fast 100 Prozent. Im Vergleich zu 2022hat vor allem in der Altersgruppe der Acht- bis Neunjährigen die Internetnutzung zugenommen. Insgesamt betrachtet ist der Wert der Internetnutzer ist über die Jahre relativ stabil. Auch wenn sich der Anteil der Internetnutzer insgesamt in den letzten Jahren wenig verändert hat, ist die Nutzungsintensität deutlich angestiegen: 54 Prozent der internetnutzenden Kinder verwenden das Internet täglich (+7 PP). Mit dem Alter steigt auch die Alltagsrelevanz: Von 21 Prozent täglicher Nutzung bei den Sechs- bis Siebenjährigen auf 69 Prozent bei den Zehn- bis Elfjährigen. Die meistgenutzte Anwendung im Netz ist WhatsApp: 73 Prozent der Internetnutzer nutzen den Messenger wöchentlich, 70 Prozent sehen online regelmäßig Filme, Videos, Serien und Sendungen an, 69 Prozent nutzen Suchmaschinen. Surfen im Internet gehört bei 48 Prozent von ihnen zur regelmäßigen Nutzung. Musikhören über das Internet (43 %) und die Verwendung von TikTok (42 %) sind für gut zwei Fünftel regelmäßige Beschäftigungen. Die von den Haupterzieher geschätzte tägliche Internetnutzungszeit der Kinder von 45 Minuten an Werktagen hat sich kaum verändert (2022: 43 Min.). Jungen sind mit 47 Minuten etwas länger online als Mädchen mit 43 Minuten. Im Altersverlauf steigt der Wert deutlich von 18 Minuten bei den Sechs- bis Siebenjährigen auf 76 Minuten bei den Zwölf- bis 13-Jährigen.

Häufigste mediale Freizeitaktivität ist weiterhin das Fernsehen

Trotz der großen Bedeutung des Internets für Kinder ist die häufigste mediale Freizeitaktivität weiterhin das Fernsehen, 92 Prozent der Kinder sehen mindestens wöchentlich, 67 Prozent sogar täglich fern. Weitere Möglichkeiten neben dem linearen TV-Programm Bewegtbildangebote zu nutzen, sind sehr vielfältig – von Mediatheken, über YouTube bis zu Streamingdiensten und Social-Media-Plattformen. Betrachtet man die jeweiligen konkreten Angebote, nutzt gut die Hälfte der Kinder mindestens wöchentlich KiKA, Super RTL oder YouTube , auf dem vierten Platz folgt der Streamingdienst Netflix (47 %), dicht gefolgt von RTL. Deutlich zugenommen hat die Nutzung von Netflix mit einem Zuwachs von 13 Prozentpunkten gegenüber 2022. Dies spiegelt sich auch bei den beleibtesten Angeboten wider, mit 21 Prozent wird nun Netflix auf den ersten Platz der beliebtesten Bewegtbildplattform gewählt, es folgen KiKA (14 %) und YouTube (11 %), auf den vierten Platz kommen mit jeweils neun Prozent Super RTL und TikTok. Befragt man die Haupterziehenden nach der Mediennutzungsdauer ihres Kindes, liegt das klassische Fernsehen mit 62 Minuten an erster Stelle, 40 Minuten verbringen Kinder mit Streamingdiensten wie z.B. Netflix oder Disney+, die Mediatheken der Fernsehsender werden nach Einschätzung der Eltern 14 Minuten genutzt. Sendungen/Serien/Filme bei YouTube kommen auf 20 Minuten pro Tag. Die Internetnutzung wird auf 45 Minuten geschätzt, eine halbe Stunde (29 Min.) entfällt auf das Spielen an PC/Laptop/Tablet/Konsole. Mit dem Handy/Smartphone spielen Kinder im Durchschnitt 21 Minuten. Die Radionutzung liegt bei 23 Minuten, für das Lesen von Büchern wird nach Einschätzung der Eltern eine Dauer von 19 Minuten veranschlagt.

Digitale Medien spielen in der Schule eine zunehmende Rolle

Auch in der Schule spielen digitale Medien eine Rolle, das häufigste in der Schule genutzte Gerät ist mit 31 Prozent ein White- oder Smartboard, jedes vierte Kind nutzt wöchentlich Tablets in der Schule, etwa jedes fünfte Schulkind nutzt in dieser Häufigkeit Laptops (22 %), Handy/Smartphones (21 %) und Computer (20 %). Kinder werden online auch mit problematischen Inhalten konfrontiert. Konkret geben acht Prozent der Befragten an, dass sie schon einmal Inhalte gesehen haben, für die sie zu jung waren. Inhalte, die Ängste verursacht haben oder unangenehm waren, haben jeweils fünf Prozent wahrgenommen. Mit steigendem Alter nimmt die Kontakthäufigkeit über alle genannten Problembereiche deutlich zu.

Hoher Grad der Mediatisierung der Kindheit.

Auch wenn das Spielen drinnen oder draußen und das Treffen mit Freunden weiterhin hoch im Kurs der Kinder stehen, belegt die aktuelle KIM-Studie insgesamt einen hohen Grad der Mediatisierung der Kindheit. Medien sind im Familienhaushalt allgegenwärtig, und durch Geräte wie Smartphones oder Tablets erhalten Kinder Zugang zu einem nahezu unbegrenzten Angebot an Inhalten. Am Beispiel der Bewegtbildnutzung zeigt sich ein grundlegender Wandel: Während über Jahrzehnte hinweg die Kindersender KiKA und Super RTL bei der Frage nach dem beliebtesten Bewegtbildangebot dominierten, liegt nun erstmals ein Streamingdienst vorne. Allerdings bleibt KiKA trotz des Rückgangs in der Beliebtheit weiterhin der am häufigsten wöchentlich genutzte Fernsehsender. Die Entwicklung verweist auf eine zunehmende Individualisierung der Mediennutzung und einen strukturellen Wandel weg vom kuratierten Fernsehangebot hin zu On-Demand-Plattformen. Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang die wachsende Bedeutung von YouTube – eine Plattform, auf der, für Kinder kaum unterscheidbar, altersgerechte und nicht altersgerechte Inhalte direkt nebeneinanderstehen. Zwar gibt es einige technische Möglichkeiten, um Kinder zu schützen, diese werden jedoch bislang nur selten konsequent genutzt. Auch Social Media spielt bei älteren Kindern ab etwa acht Jahren bereits eine zunehmende Rolle – obwohl die Angebote ursprünglich für Erwachsene konzipiert wurden und laut eigener Nutzungsbedingungen meist erst ab 13 Jahren erlaubt sind. Am Beispiel WhatsApp, das einen hohen Stellenwert in bei der Kommunikation innerhalb der Familie hat, zeigt sich, dass viele Eltern die Nutzung wohl bewusst tolerieren. Umso wichtiger ist es, den Einstieg von Kindern in die digitale Welt aktiv zu begleiten, kindgerechte Alternativen bereitzustellen und Orientierung zu geben. Dass Social-Media-Plattformen längst zum festen Bestandteil des kindlichen Medienrepertoires gehören, weist – ungeachtet juristischer Fragen – auch den Anbietenden eine Verantwortung zu: Sie müssen ihre Angebote so gestalten, dass Kinder als Nutzerinnen bestmöglich geschützt werden.

 

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