Sinkende Umsätze bei Zeitungsverlagen

01. September 2023
BDZV-Branchenbericht: Anzeigengeschäft schrumpfte um sechs Prozent, Umsatz beim Digitalgeschäft legt um 15 Prozent zu

Die Zeitungsverlage bauen ihre digitalen Angebote immer weiter aus - und das mit zunehmendem wirtschaftlichem Erfolg. 2022 machten sie damit zum zweiten Mal mehr als eine Milliarde Euro Umsatz: Sie gewannen fast 15 Prozent auf 1,17 Milliarden Euro. Doch noch reicht dies bei den meisten Häusern nicht aus, um die Umsatzrückgänge im Printgeschäft bei den Lesern wie auf dem Anzeigenmarkt auszugleichen. Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine mit hohen Energiekosten und steigender Inflation bekamen die Verlage stark zu spüren. Auch 2023 bleibt wirtschaftlich herausfordernd. In ihrem Stammgeschäft konnten die Zeitungsverlage ihre Umsätze 2022 nicht ganz halten. Mit 6,83 Milliarden Euro setzten sie gut zwei Prozent weniger um als 2021. Das Anzeigengeschäft schrumpfte um knapp sechs Prozent auf 1,79 Milliarden Euro. 

Im Gegensatz zu früheren Jahren glichen das die Vertriebsumsätze nicht ganz aus: Sie nahmen geringfügig um 0,9 Prozent auf 5,04 Milliarden Euro ab. Zudem sorgten explodierende Preise auf zahlreichen Gebieten im Jahr 2022 für einen hohen Kostendruck: Zeitungsdruckpapier war zeitweise mehr als doppelt so teuer wie im Jahr zuvor. Zudem hatten die Verlage massive Probleme, überhaupt die benötigten Papiermengen zu beschaffen. Die Papierpreise schlugen sich deutlich in der Kostenstruktur nieder: Der Anteil der Papierbeschaffung an den gesamten Kosten stieg 2022 auf 7,3 Prozent. 

Digitalgeschäft der Verlage legt weiter deutlich zu 

Erfolgreicher läuft es für die Unternehmen im Digitalen: Nachdem die Zeitungen 2021 mit ihren digitalen Angeboten erstmal mehr als eine Milliarde Euro umgesetzt hatten, konnten sie 2022 daran anknüpfen und die Erlöse sogar noch steigern. Insgesamt gewannen die Verlage bei den digitalen Umsätzen rund 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr hinzu und erzielten 1,17 Milliarden Euro. Mit E-Papern nahmen die Verlage 414 Millionen Euro ein, ein Plus von 13 Prozent. Noch stärker stiegen die übrigen digitalen Umsätze, nämlich um fast 16 Prozent auf 759 Millionen Euro.
Am erfolgreichsten sind im digitalen Geschäft die überregionalen Zeitungen, die inzwischen fast die Hälfte ihres Umsatzes mit Angeboten außerhalb von Print machen. Auch die Kaufzeitungen fahren mit einem Drittel überdurchschnittlich viel auf dem digitalen Markt ein. Bei den Regionalzeitungen machten die Digitalerlöse zehn Prozent des Gesamtumsatzes von 5,97 Milliarden Euro aus. Im Jahr zuvor war es noch gut ein Prozentpunkt weniger. Aufgrund dieser Erfolge starteten die Zeitungsverleger in das Jahr 2023 mit der Erwartung, mittelfristig die Print-Rückgänge durch steigende Digitalerlöse kompensieren zu können. Die Mehrzahl der Verlage hofft, ab 2026 einen Ausgleich zu erreichen. Das ergab die jährliche „Trendstudie“ des BDZV mit der Unternehmensberatung Schickler (Hamburg). Zugleich bleiben die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter schwierig, sodass die Unternehmen für 2023 zunächst mit einer Kostensteigerung von fünf Prozent rechnen, wobei besonders hohe Zusatzbelastungen bei Energie- sowie bei Distributions- und Zustellkosten befürchtet werden. 
Trotz des wachsenden Kostendrucks behauptet sich die gedruckte Zeitung auch auf dem Lesermarkt: In Deutschland werden erscheinungstäglich 13,47 Millionen Print-Exemplare verkauft (Q II/2023). Davon sind 10,92 Millionen Tageszeitungen, 1,63 Millionen Wochenzeitungen und 0,93 Millionen Sonntagszeitungen.

Aus dem Branchenbeitrag 2023 von Dr. Dieter Keller (Text) und Christian Eggert (Statistik):

Für die regionalen Abonnementzeitungen setzten sich die leichten Gewinne im Jahr zuvor insbesondere auf dem Anzeigenmarkt nicht fort: Sie büßten 2022 im Werbegeschäft 4,5 Prozent auf 1,47 Milliarden Euro ein. Der Vertrieb brachte mit 4,2 Milliarden Euro 0,5 Prozent weniger ein. Den schleichenden Bedeutungsverlust der Werbung zeigt der längerfristige Vergleich: 2017 trugen sie im Westen noch 35,6 Prozent zu den Gesamteinnahmen bei; 2022 nur 27,1 Prozent (siehe Tabelle 1b). Im Osten ist das Verhältnis noch ungünstiger: Der Anteil der Anzeigenerlöse sank von 26,6 Prozent auf 19,2 Prozent.
Die überregionalen Zeitungen legten als einzige im Vertrieb leicht zu: Hier steigerten sie ihre Umsätze um 1,7 Prozent auf 374 Millionen Euro3). Dagegen gingen ihre Anzeigenerlöse um 8,5 Prozent auf 121 Millionen Euro zurück. Der Gesamtumsatz fiel mit 494 Millionen Euro um ein Prozent niedriger aus als 2021. Noch deutlich schwächer lief das Geschäft der Kaufzeitungen, angesichts der überdurchschnittlich hohen Auflagenverluste ist das nicht verwunderlich: Die Vertriebsumsätze nahmen um über sechs Prozent auf 263 Millionen ab, die Werbeumsätze um fast 18 Prozent auf 89,2 Millionen Euro. Insgesamt verloren sie mit 352 Millionen Euro 9,5 Prozent. Die Zahlen von Wochen- und Sonntagszeitungen werden jetzt, anders als in den Vorjahren, zusammengefasst. Denn die Unterscheidung wurde zunehmend willkürlich, spätestens seit zwei große Titel „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) und „Welt am Sonntag“ (WamS) 2021/22 ihren Erscheinungstag auf den Samstag vorverlegt haben und die ganze Woche im Einzelverkauf ausliegen. Damit wurden sie zu Wochenzeitungen. Die „FAS“ begründete dies mit Problemen bei der Zustellung in strukturschwachen und ländlichen Gebieten. Zudem hofft sie auf mehr Leser. Sie behielt aber die Samstagsausgabe der „FAZ“ bei – im Gegensatz zur „Welt“, die diese einstellte und durch die „WamS“ ersetzte. Auf dem Anzeigenmarkt setzten Wochen- und Sonntagszeitungen mit 103 Millionen Euro über zehn Prozent weniger um. Im Lesermarkt verloren sie fünf Prozent auf 201 Millionen Euro. In Summe kamen sie mit 304 Millionen Euro auf fast sieben Prozent weniger.

Der Lesermarkt: E-Paper gewinnen weiter an Bedeutung

Eigentlich war 2022 ein nachrichtenreiches Jahr – schon durch den Ukraine-Krieg und die Folgen wie hohe Inflation, aber auch durch die zunehmende Klimakrise und die zu Ende gehende Corona-Pandemie. Aber der Zeitungsabsatz profitierte nicht davon: Im zweiten Quartal 2022 setzten alle Zeitungen zusammen 14,6 Millionen Exemplare ab. Das waren 5,4 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Dass der elektronische Vertriebsweg immer wichtiger wird, zeigt die Auflagenentwicklung deutlich: Gut 17 Prozent der Gesamtauflage entfielen auf E-Paper. 2021 waren es erst 14,3 Prozent. In absoluten Zahlen kamen die digitalen Versionen auf fast 2,5 Millionen tägliche Exemplare (siehe Tabelle 2b). Das waren 13 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Das macht deutlich, wie die gedruckte Zeitung an Gewicht verliert, auch wenn sie immer noch mit Abstand der wichtigste Vertriebsweg ist.
Besonders weit sind die überregionalen Zeitungen, die bereits knapp 39 Prozent ihrer Auflage von 785.100 Exemplaren als E-Paper vertrieben. Bei einzelnen Titeln dominieren diese schon eindeutig. Sie konnten auch als einzige ihre Gesamtauflage leicht erhöhen, allerdings nur durch mehr sonstige Verkäufe und Bordexemplare. Die Auflage der Regionalzeitungen nahm um fünf Prozent auf 9,51 Millionen tägliche Exemplare ab. Sie fielen damit erstmals unter die Zehn-Millionen-Schwelle. Die E-Paper-Auflage nahm um gut sieben Prozent auf 1,36 Millionen Exemplare zu. Damit steuerten sie über 14 Prozent zur Gesamtauflage bei. Im Jahr zuvor waren es noch knapp zwei Prozentpunkte weniger. Gewinne wurden ausschließlich bei den E-Paper-Abonnements eingefahren, während der sonstige Verkauf leicht zurückging. Das sollte sich positiv auf die Ertragslage ausgewirkt haben.
Bei den Kaufzeitungen fielen die Auflagenverluste mit knapp fünf Prozent auf 1,42 Millionen Exemplare täglich nicht so hoch aus wie in den Jahren zuvor. Das war hauptsächlich auf deutlich mehr sonstigen Verkauf und Bordexemplare zurückzuführen. Dagegen nahm der Einzelverkauf, der wichtigste Vertriebsweg dieser Verlage, um über zwölf Prozent ab und fiel erstmals unter die Schwelle von einer Million Exemplaren. Für die Kaufzeitungen spielen die E-Paper eine geringere Rolle, es gibt fast ausschließlich sonstige Verkäufe der digitalen Versionen. Trotz einer kräftigen Steigerung steuerten sie nur elf Prozent zur Gesamtauflage bei.
Die Wochen- und Sonntagszeitungen erlitten mit 8,3 Prozent auf 2,89 Millionen Exemplare relativ die größten Auflagenverluste. Bei ihnen stieg der Anteil der E-Paper auf fast 23 Prozent. Ein Jahr zuvor hatte er erst bei 17,5 Prozent gelegen. Sie gewannen ins besondere bei den elektronischen Abonnements.

https://www.bdzv.de/alle-themen/marktdaten/zur-wirtschaftlichen-lage-der-deutschen-zeitungen-2023

 

 

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