Dreharbeiten für Kino und TV auf Rekordniveau

24. Oktober 2023
Nordrhein-Westfalen bleibt führender Standort für Film- und Fernsehproduktion

Nordrhein-Westfalen liegt beim Produktionsvolumen für Fernsehen, Kino und Streaming wie schon in den Vorjahren weit vor allen anderen Bundesländern. Im Jahr 2022 entstanden 42 Prozent aller Shows, Serien und Filme in Studios und Drehorten zwischen Rhein und Ruhr. Das ist das Ergebnis der Studie „Film- und Fernsehproduktion in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Bundesländern 2021 und 2022“. Mit deutschlandweit 777.000 produzierten Programmminuten verzeichnet die Branche darüber hinaus einen neuen Rekordwert. Nie wurde in Deutschland mehr gedreht als im vergangenen Jahr. Seit Oktober 2022 gibt es allerdings einige Anzeichen dafür, dass mit dem Jahr 2022 ein Produktions-Peak in Deutschland erreicht worden sein könnte und die Umsätze bzw. Produktionsvolumina seitdem stagnieren bzw. geringer werden.

Wie in den Studien zum deutschen Produktionsmarkt zuvor wurde auch diesmal das Volumen deutscher Produktionsunternehmen in Minuten erfasst. Während nach 2018 der Volumen-Output in Minuten, auch aufgrund der Pandemie kontinuierlich sank, stieg er im Jahr 2022 auf einen Rekordwert. Davon ist der Anteil an Fernsehauftragsproduktionen mit Abstand der größte Teil deutschlandweit (rd. 730.000 Minuten), gefolgt von VOD-Produktionen (rd. 27.000 Minuten) und Kino-Produktionen (rd. 20.000 Minuten). Erstmals wurde durch die Studienautoren neben den reinen Minuten auch der Umsatz der TOP-10 Produktionsunternehmen ermittelt. Die Ergebnisse im Detail zeigen dabei, dass ein hoher Minutenoutput nicht gleichbedeutend mit einem hohen Umsatz einhergehen muss.

Zusammenfassung der Studie:

Die Jahre 2021 und 2022 standen bei den TV-Sendern ganz im Zeichen der Mediatheken. Sie sind zum absoluten Mittelpunkt geworden bei der Entwicklung und Kreation von neuen Bewegtbildinhalten. Zum Teil feste, jährlich wiederkehrende Budgetanteile wurden aus dem klassischen linearen TV in die digitale Produktion verschoben. Die bis 2020 überwiegend fiktionalen Inhalte auf SVOD- und AVOD-Plattformen werden immer häufiger durch Entertainment-Formate wie Comedy oder Doku-Soaps aber auch Informationsformate wie Dokumentationen und Reportagen ergänzt. Goldene Regeln für erfolgreiche Streaming-Inhalte gibt es derzeit noch nicht und werden händeringend gesucht. Das Volumen der Kinoproduktionen stieg 2021 leicht um rund ein Prozent und 2022 um weitere zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf zuletzt rund. 20.300 Filmminuten. Damit liegt der Output der Kinofilmproduzenten nach wie vor deutlich unter Vor-Pandemie-Niveau. Insgesamt 202 Kinofilme liefen 2022 in den Kinos an. Die Vertreterinnen und Vertreter sowohl bei den Produktionsunternehmen als auch bei den Programmveranstaltern gaben einen deutlichen Anstieg der Produktionskosten an. Dabei betrafen die Kostensteigerungen nicht alle Genres und alle Sender gleichermaßen. Gestiegene Personal- und Energiekosten werden als größte Preistreiber gesehen.

Die größten Produktionsunternehmen 2022

Die größten Produktionsunternehmen 2022 nach Minuten-Output waren Banijay (1), All3Media (2), UFA (3), ITV Studios (4) und Warner Bros. (5). Janus Productions, Fernsehmacher und Spiegel TV haben es drei unabhängige Produktionsunternehmen in die Top 15-Liste nach Minuten geschafft Erstmals in der Reihe dieser Erhebung wurde neben dem Minuten-Output der Umsatz der Top 10 Unternehmen ermittelt. Dieser zeigt, dass ein hohes Minutenvolumen nicht gleichbedeutend ist mit einem hohen Umsatzvolumen. So lag z. B. Leonine 2021umsatzbezogen auf Platz eins aber volumenbezogen auf Platz 13. Die Umsätze der Top 10 Unternehmen 2021 lagen zwischen 378 Mio. und 130 Mio. EUR. Damit ist der durchschnittliche Umsatz eines Top 10 Produzenten seit 2017 von 136 Mio. auf 246 Mio. EUR gestiegen. Dies spiegelt zum einen Umsatzwachstum und zum anderen Wachstum des Produktions- und Content-Marktes wider. Die erst 2019 gegründeten Leonine Studios lagen an der Spitze der Top Unternehmen nach Umsatz. Die beiden nachfolgenden Positionen haben die Constantin Film und die UFA Film inne. Aufgestiegen vom siebten auf den vierten Rang (seit 2017) ist die Beta-Film. Auf den Plätzen fünf bis sieben folgen Bavaria, ZDF Studios und Studio Hamburg. Die horizontale Marktkonzentration hat in den letzten beiden Jahren etwas abgenommen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass 2021 und 2022 größere Zukäufe und Mergers ausblieben. Ebenfalls sank die Zahl der generell abhängigen Tochterunternehmen der Sender im Verlauf der letzten fünf Jahre leicht und damit auch das von ihnen erstellte Produktionsvolumen.

Regionale Verteilung des Produktionsvolumens

Der Output deutscher Produktionsunternehmen für die Bereiche TV, VOD und Kino verteilte sich 2022 ähnlich wie im Jahr 2020 auf die deutschen Bundesländer: In Nordrhein-Westfalen wurde mit insgesamt 42 Prozent der größte Anteil des Produktionsvolumens erzeugt (nach Sitz des verantwortlichen Produktionsunternehmens). Bayern lieferte insgesamt 21 Prozent und damit rund ein Fünftel aller Produktionsminuten. Die dritt- und viertmeisten TV-, VOD- und Kinoproduktionen entstanden in Berlin mit zwölf Prozent und in Hamburg mit 10 Prozent.Die vier Bundesländer mit den größten Produktionsvolumina stellten im Jahr 2022 rund 85 Prozent aller in Deutschland produzierten TV-, VOD- und Kinoproduktionen her. Während sich der Anteil von NRW und Bayern am gesamten Output im Vergleich zur letzten Erhebung leicht verringerte, blieb der Anteil Berlins gleich. Hamburg konnte seinen Beitrag leicht steigern.

Betrachtet man das gesamte Produktionsvolumen, welches für TV-Sender bzw. deren Mutterkonzerne produziert wurde (inkl. Mediatheken), so gab es 2022 eine geringfügige Verschiebung in Richtung der öffentlich-rechtlichen Veranstalter: 45 Prozent des Gesamtvolumens wurden durch sie beauftragt. Hinter dieser Verschiebung um plus drei Prozentpunkte seit 2020 steckt – bezogen auf das Gesamtvolumen 2022 – ein Anteil von insgesamt 38.000 Programmminuten, die durch die Öffentlich-Rechtlichen 2022 mehr beauftragt wurden.Damit liegt das Verhältnis zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Auftraggebern aktuell wieder auf dem Niveau von 2017.

Das Kinoproduktionsvolumen

Das Kinoproduktionsvolumen konnte sich 2021 und 2022 leicht erholen, nachdem es 2020 v. a. infolge der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie stark abgesunken war. Insgesamt 20.289 Minuten wurden 2022 in den deutschen Kinos erstveröffentlicht. Während das Volumen der Kino-Dokumentarfilme weiter leicht sank auf knapp 7.000 Minuten, waren es v. a. mehr Kino-Spielfilme, die den Aufschwung verursachten: Mit rund 13.300 Minuten lag das Produktionsvolumen für Kino-Spielfilme wieder auf dem Niveau von 2019.

Volumen der VOD-Produktionen

Das Volumen der VOD-Produktionen stieg 2021 in Deutschland stark an: Insgesamt 27.297 Programmminuten wurden auf den klassischen Streaming-Diensten und den Mediatheken der TV-Sender 2021 erstausgestrahlt, 2022 lag das Volumen auf dem selben Niveau. Die Erhebung belegt damit den aktuellen Produktionsboom für digitalen Content und den weiter verstärkten Fokus der deutschen TV-Sender (privat wie auch öffentlich-rechtlich) auf ihre Mediatheken. Den größten Anteil am Gesamtvolumen haben Auftragsproduktionen, die sog. Originals (91 Prozent).

2022 - Peak erreicht?

Seit Oktober 2022 gibt es einige Anzeichen dafür, dass mit dem Jahr 2022 ein Produktions-Peak in Deutschland erreicht worden sein könnte und die Umsätze bzw. Produktionsvolumina seitdem stagnieren bzw. geringer werden.

Als Gründe bzw. Faktoren für diesen möglichen Rückgang können angeführt werden:

  • Die Produktionskosten (Personal- und Sachkosten) sind in den Jahren 2019 bis 2022 bei den Filmproduzenten stark gestiegen.
  • Geringere Einnahmen bei den privaten Free-TV- und Pay-TV-Sendern, stagnierende Gebührenerlöse/Beiträge bei den öffentlich-rechtlichen TV-Sendern, zu geringe Profitabilität der Streamer.

Mögliche Folgen dieser Entwicklungen

  • Reduktion der Zahl der Produktionsaufträge, Insbesondere bei Fiktionalen Produktionen, Etwa bei der Degeto oder den Streamern
  • Ausstieg aus der Fiktion-Produktion bei Sky
  • Kostenreduktion bzw. Umschichtung in kostengünstigere Genres (Private TV-Sender)
  • Immer weniger teure "Leuchtturm-Projekte"

 

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