
Kritik an den Reformüberlegungen für die deutsche Filmförderung aus den Ländern
Fragen an Judith Gerlach (CSU), Bayerische Film- und Digitalministerin und Nathanael Liminski (CDU), Minister und Chef der Staatskanzlei in NRW
Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth (B90/Grüne) hat konkrete Überlegungen für eine Reform der Filmförderung vorgelegt. Anstelle bisheriger steuerbasierter Zuwendungen durch den Deutschen Filmförderfonds und den German Motion Picture Fund sind eine Investitionsabgabe durch private und öffentlich-rechtliche Anbieter auf den Umsatz ihrer Streamingplattformen sowie ein Steueranreizmodell geplant. Sender und Länder will der Bund damit stärker als bisher zur Kasse bitten. Die Länder tragen heute schon über ihre Förderinstitutionen mit 197 Millionen Euro ein Drittel der knapp 600 Millionen Euro Filmförderung in Deutschland. Ein Steueranreizmodell bedarf der Billigung durch das Bundesfinanzministerium und der Länder, denn sie hätten einen Anteil am Steuerausfall zu verkraften. Obwohl diese grundsätzlich ein solches Prinzip befürworten, existieren über die Umsetzung Bedenken. Aber auch die Investitionsabgabe wird im Länderkreis noch sehr kritisch gesehen.
Judith Gerlach, Bayerische Film- und Digitalministerin:
medienpolitik.net: Welche Anforderungen gibt es aus Sicht Bayerns, einer der wichtigsten deutschen Standorte der Filmwirtschaft, an das neue FFG?
Gerlach: Die sich bisher abzeichnenden Signale für eine Novelle des FFG weisen in die richtige Richtung. Wir brauchen eine Automatisierung der Förderung in allen Förderbereichen des FFG sowie eine Stärkung der Entwicklungsförderung. Das gibt den Produzenten und Kreativen mehr Planungssicherheit.
medienpolitik.net: Es sind sowohl Investitionsverpflichtungen als auch ein Steueranreizmodell im Gespräch. Wir bewerten Sie diese Vorschläge?
Gerlach: Deutschland braucht eine attraktive Filmförderung, um als Filmstandort im internationalen Wettbewerb punkten zu können. Viele ausländische Filmstandorte nutzen bereits steuerliche Instrumente, um internationale Produktionen anzulocken. Insoweit liegt es nahe, auch für Deutschland diese Option zu prüfen. Soweit hierdurch eine Bundesförderung ersetzt werden soll, sehe ich die Finanzierungsverantwortung allein beim Bund. Eine mögliche Investitionsverpflichtung sollte die derzeit schwierige Situation gerade bei den privaten Sendern berücksichtigen. Die geplanten Maßnahmen müssen aber im Zusammenspiel betrachtet werden. Deshalb muss der Bund sie jetzt auch als Gesamtpaket vorlegen. Erst dann können wir sie abschließend bewerten.
„Soweit eine Bundesförderung ersetzt werden soll, sehe ich die Finanzierungsverantwortung allein beim Bund.“ Judith Gerlach
medienpolitik.net: Bayern gehört zu den wichtigsten Länderförderern. Wie sehen Sie die Aufgabenverteilung bei der Filmförderung zwischen Bund und Ländern?
Gerlach: Grundsätzlich erwarte ich vom Bund, dass er die Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandorts Deutschland stärkt. Wir als Länder beteiligen uns gerne an der Diskussion und werden bei uns die nötigen Maßnahmen treffen. So haben wir beispielsweise in Bayern schon vor knapp zehn Jahren ein Förderprogramm für internationale Koproduktionen gestartet, das mittlerweile zu einem wichtigen Standortfaktor geworden ist. Damit fördert Bayern sehr erfolgreich neben internationalen Kinoproduktionen auch VFX-Studios und große Serien-Formate. Hier sehe ich auch den Bund stärker in der Verpflichtung.
Nathanael Liminski, Minister und Chef der Staatskanzlei in NRW:
medienpolitik.net: Welche Anforderungen gibt es aus Sicht des Landes NRW, eines der wichtigsten deutschen Standorte der Filmwirtschaft, an das neue FFG?
Liminski: Grundsätzlich begrüße ich die Initiative der Bundesregierung, den Filmstandort Deutschland international wettbewerbsfähig aufzustellen und das Fördersystem zu reformieren. Ich habe bereits auf der Berlinale im Februar deutlich gemacht, dass diese Reform nur gelingen kann, wenn Bund und Länder hier gemeinsam vorgehen. Wichtig bei allen Bemühungen ist, dass es nicht zu einseitigen und unausgewogenen Belastungen für einzelne Akteure kommt. Der Film- und Medienstandort Deutschland kann nur wachsen, wenn sich Auftraggeber und Auftragnehmer auf Augenhöhe begegnen können und Rechte und Pflichten ausgewogen verteilt sind.
medienpolitik.net: Die Länder tragen bisher ca. 1/3 der Förderleistungen für die Filmwirtschaft. NRW hat dabei einen der größten Anteile. Wie sehen Sie die Aufgabenverteilung bei der Filmförderung zwischen Bund und Ländern?
Liminski: Das Zusammenspiel zwischen Bundes- und Länderförderung ist einer der zentralen Reformansätze. Die großen Standorte haben hierbei eine besondere Verantwortung und bringen sich vor diesem Hintergrund auch intensiv in die Gespräche mit der BKM ein. Dabei eint Bund und Länder das Ziel, den Filmstandort Deutschland international wettbewerbsfähiger aufzustellen und den deutschen Film insgesamt auf ein höheres Level zu bringen.
„Die Investitionsverpflichtung ist ein spürbarer Markteingriff, der gut begründet sein muss.“ Nathanael Liminski
medienpolitik.net: Der Bund will die Förderung stärker automatisieren. Wie bewerten Sie aus Sicht eines Bundeslandes diese verstärkte automatisierte Förderung?
Liminski: Die Einführung eines Tax Incentive Modells macht den deutschen Filmstandort international wettbewerbsfähiger. Die Förderung wird für die Unternehmen besser planbar und hat das Potenzial das Produktionsgeschehen in Deutschland deutlich anzukurbeln. Der Vorschlag, den Frau Roth nun vorgelegt hat, sieht vor, dass Bund und Länder jeweils die Hälfte der Förderung tragen. Wir sprechen in Zukunft also nicht mehr von einer Filmförderung des Bundes sondern einer gemeinsamen Bund-Länder-Förderung. Hier wünsche ich mir auch aus dem Bundesfinanzministerium zeitnah ein Signal, ob ein Modell, wie von der BKM vorgeschlagen, überhaupt eine Mehrheit innerhalb der Bundesregierung findet.
medienpolitik.net: Es sind sowohl Investitionsverpflichtungen als auch ein Steueranreizmodell im Gespräch. Wir bewerten Sie diese Vorschläge?
Liminski: Die Investitionsverpflichtung ist ein spürbarer Markteingriff, der gut begründet sein muss. Ich teile durchaus das Ziel, das Unternehmen, die in Deutschland mit der Auswertung von Film- und Serienproduktionen hohe Gewinne erwirtschaften, sich auch auf dem nationalen Produktionsmarkt engagieren sollten. Nichtsdestotrotz müssen wir im Auge behalten, dass wir nicht alle undifferenziert in einen Topf werfen. Das ZDF agiert völlig anders als Netflix und RTL ist ganz anders aufgestellt als Disney. In Zeiten, in denen wir bei den öffentlich-rechtlichen Sendern darüber diskutieren, wie wir den Beitrag stabil halten, und in denen sich private Anbieter wie RTL in einem sehr herausfordernden Marktumfeld bewegen, müssen zusätzliche Vorgaben sehr genau geprüft werden. Mir ist in diesem Zusammenhang auch wichtig zu betonen, dass sich die Sender, in Nordrhein-Westfalen sind es der WDR, das ZDF und RTL, in besonderem Maße bei den regionalen Filmförderungen engagieren. Dieses Engagement muss im Zuge einer möglichen Investitionsverpflichtung berücksichtigt werden.