Kultur und Kreativwirtschaft fordert bessere Rahmenbedingungen

18. März 2025
Branchenbündnis k3d: Bundesregierung muss Kultur- und Kreativwirtschaft durch exponierte Zuständigkeit erneut stärken / Mit 123,2 Mrd. Euro steht die Branche für 3,3 Prozent der deutschen Bruttowertschöpfung.

Die Koalition Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland (k3d), ein Bündnis aus 16 Branchenverbänden, appelliert an die Koalitionsverhandlungsführer von CDU, CSU und SPD, für die Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) auch in der neuen Bundesregierung eine hochrangig verantwortliche Kontaktperson zu installieren. Die Branche ist nicht nur für gesellschaftlichen Fortschritt und Demokratie, sondern auch für die Ökonomie von herausragender Bedeutung. Sie erwirtschaftet 123 Mrd. Euro jährlich, trägt 3,3 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei und ist entgegen dem gesamtwirtschaftlichen Trend 2023 um über 5 Prozent gewachsen, wie der aktuelle KKW-Monitoringbericht des Bundeswirtschaftsministeriums zeigt. Damit ist sie nach der Automobilindustrie eine der größten Branchen in Deutschland und rangiert noch vor dem Maschinenbau und der chemisch-pharmazeutischen Industrie.

Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie, erklärt für k3d: „Mit rund 2 Millionen Gesamtbeschäftigten in Deutschland stehen wir für Kreativität, Kooperation, Innovation, Produktivität und Wirtschaftswachstum. Die große Bedeutung der Kreativwirtschaft, gerade auch im Bereich der dynamisch weiterwachsenden digitalen Angebote, macht deutlich: Es braucht auch in der neuen Bundesregierung eine politische Anlaufstelle, die die Interessen der Branche versteht und diese im steten Dialog mit ihr und auf allen politischen Ebenen befördert.“

Daniela Beaujean, Geschäftsführerin des Vaunet – Verband der Privaten Medien: „Angesichts zunehmender demokratiefeindlicher Positionen und des schwierigen internationalen Umfelds muss Deutschland mehr denn je für eine leistungsfähige Kultur- und Kreativwirtschaft als treibender Motor und Spiegel für gesellschaftliche Offenheit, demokratischen Zusammenhalt und Wirtschaftswachstum stehen.“

Die beiden k3d-Vertreter fordern regelmäßige Austauschformate auf höchster Ebene, wie sie für andere Branchen mit vergleichbarer Bedeutung im Bundeskanzleramt existieren. Kreativwirtschaftliche Belange müssen ressortübergreifender thematisiert und abgestimmt werden und die Verständigung zwischen Bund, Ländern und der EU verbessert werden. Zukunftssichere Rahmenbedingungen sind essenziell für weiteres Wachstum. Daher müssen auch Regulierungsvorhaben, etwa im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz und Urheberrecht, in ihren Auswirkungen auf die Branche berücksichtigt werden, um Wertschöpfungsketten nicht zu gefährden. 

Aus Sicht der Koalition Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland (k3d) sind für die Legislaturperiode 2025 bis 2029 folgende Themen besonders relevant:

1. Generell sollte sich die Bundesregierung für eine bessere Sichtbarkeit der Kultur- und Kreativwirtschaft einsetzen. Die erstmalige Benennung eines Ansprechpartners sowie Stellvertreters bei der Bundesregierung im Oktober 2022 war ein erster wichtiger Schritt. Nun gilt es, diese Positionen innerhalb der Regierung zu verstetigen und im interministeriellen Austausch stärker wahrnehmbar zu verankern. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Branche sollten regelmäßig Austauschformate auf höchster Ebene (Kreativwirtschaftsgipfeltreffen im Kanzleramt) durchgeführt werden. In den Zuständigkeiten und Stellenzuteilungen der Ministerien muss sich die Größe und wirtschaftliche Bedeutung der KKW proportional widerspiegeln. Zudem braucht es eine ressortübergreifende Berücksichtigung kreativwirtschaftlicher Belange im Bund und eine deutlich verbesserte übergreifende Koordinierung auf der Länderebene sowie die Absprache zwischen Länder-, Bund- und EU-Ebene. Gemeinsam mit der KKW sollten die diversen Berufsbilder, die Wertschöpfung und gesellschaftliche Kra der KKW aufgezeigt, die Datenbasis weiter verbessert und die von der Bundesregierung vorgehaltenen Initiativen (Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft; Zukunftsrat des Bundeskanzlers) und Programme im Dialog so neu ausgerichtet werden, dass die Anliegen dieses Wirtschaftszweiges tatsächlich berücksichtigt werden.

2. Die Teilbranchen der KKW sowie die einzelnen Sektoren innerhalb der Teilbranchen sind eng miteinander verzahnt. Nachhaltige Politik kann nur gelingen und Kollateralschäden können nur vermieden werden, wenn die praktische Kompetenz der Branchenakteure sowie ihrer Verbände ausreichend berücksichtigt wird. Ein Belastungsmoratorium ist unumgänglich. Grundsätzlich sollte jedes Gesetzes- und Regulierungsvorhaben hinsichtlich seiner Auswirkungen auf die KKW überprüft werden. Dies sollte in den Bundesländern, bei der Bundesregierung, aber auch auf EU-Ebene geschehen. Gleichzeitig müssen bürokratische und staatlich verursachte finanzielle Belastungen der KKW, wo immer möglich, zurückgefahren werden. Regulierung darf keinesfalls dazu führen, dass die deutsche KKW im europäischen und internationalen Wettbewerb benachteiligt wird.

3. Es muss ein fairer digitaler Marktplatz auf nationaler und europäischer Ebene etabliert werden. Zentral dabei ist, dass für die Branchen der KKW – auch im Wettbewerb mit den marktmächtigen globalen Big-Tech-Plattformen – ein Level-Playing-Field entsteht. Die Regelungen des Wettbewerbs- und Kartellrechts müssen zukünftig besser gewährleisten, dass die Marktmachtkonzentration digitaler Gatekeeper effektiv aufgebrochen wird, die Zusammenarbeit von Unternehmen der KKW untereinander möglich bleibt und stärker als bisher im Rahmen von anstehenden Novellierungen incentiviert wird. Daneben bleibt es wesentlich, die Regelungen zur Haltung der Big-Tech-Plattformen mit Blick auf eine starke KKW zu schärfen.

4. Die Werke von Rechteinhabern sind der Werkstoff, auf dem die Systeme insbesondere generativer Künstlicher Intelligenz aufbauen. Gleichzeitig werden immer neue und aktuelle Inhalte als Datenmaterial für das Training und der Erstellung von KI-generierten Antworten und Inhalten benötigt. Die Interessen und bestehenden Rechte sind damit zentraler Bestandteil digitalpolitischer Abwägungen. Auch im Rahmen technischer Entwicklungen, sowie bei aktuellen und zukünftigen generativen KI-Diensten, muss den Rechteinhabern die Möglichkeit bleiben, frei über die Verwendung ihrer Werke oder Entwürfe zu entscheiden und diese Entscheidungen auch international wirksam durchsetzen zu können – das schließt das Recht auf angemessene Vergütung für die Nutzung bspw. im Rahmen von Lizenzierung von Inhalten ausdrücklich ein. Es müssen Schutzlücken geschlossen, Rechtsunsicherheit reduziert, Transparenz gewährleistet, sowie rechtliche Ansprüche wirksam durchsetzbar gemacht werden. In den nationalen Umsetzungen der KI-bezogenen Regulierungen (insbesondere des AI-Acts) gilt es, eine innereuropäische Harmonisierung der Vorschriften zu schaffen, die insbesondere die beschlossenen Transparenzvorschriften zum Schutz der Rechteinhaber praxistauglich und wirksam umsetzt, sodass die Ausübung und Durchsetzung der Rechte ermöglicht werden. Dort, wo das geltende Recht keine ausreichende Transparenz über jegliche Nutzung von geschützten Inhalten gewährleistet, müssen diese Lücken unverzüglich geschlossen und die Beweislast überdacht werden. Dabei gilt es, Bürokratieschaffende „Papiertiger“ zu vermeiden, die vor allem Mehraufwände bei Rechteinhabern verursachen, während Plattformen nicht wirksam an Regelungen gebunden werden.

5. Mit der Umsetzung des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes (AbzStEntModG) einschließlich der Einführung digitaler Verfahren beschreitet Deutschland beim Steuerabzug nach § a EStG für ausländische Steuerpflichtige einen Sonderweg innerhalb der Europäischen Union, der sich zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil für die KKW entwickelt hat. Diese deutschen Besonderheiten in den bürokratischen Formalitäten sollten auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft und eine stärkere Vereinheitlichung innerhalb der Europäischen Union angestrebt werden. Eine dauerhafte Erleichterung für die Unternehmen sowie die durchführende Behörde kann durch eine deutlich abgesenkte Zahl der zu stellenden Anträge sowie einen deutlich geringeren Bearbeitungsaufwand bzw. geringere Bearbeitungszeiten der Anträge erreicht werden. Dafür bedarf es eines deutlich entbürokratisierten Verfahrens.

6. Im Rahmen der Debatte über den Zugang zu Daten und einen wirksamen Datenschutz muss sichergestellt sein, dass die KKW weiterhin sinnvoll mit ihren Nutzern kommunizieren kann und nicht z. B. durch Maßnahmen der Big-Tech-Konzerne in der Wertschöpfung beeinträchtigt wird. Die Unternehmen der KKW achten zum Erhalt des Vertrauens in ihre wertvollen Marken sehr genau auf einen vertrauensvollen Umgang mit den Daten ihrer Nutzer. Datenschutzregelungen haben einen erheblichen Einfluss darauf, ob Unternehmen in der digitalen Welt erfolgreich sein können. Für die Zukunft der KKW ist eine möglichst unbürokratische Kommunikation mit den Nutzern daher von grundlegender Bedeutung.

7. Einnahmen aus Werbung und Sponsoring sind für viele Bereiche der KKW neben dem Verkauf von Inhalten und Dienstleistungen die wichtigste Einnahmequelle. Diese dürfen nicht weiter beeinträchtigt werden. Überlegungen zur Einschränkung von Werbemöglichkeiten und neuen Werbeverboten sollten dabei nicht auf einzelne Teilbranchen oder die Werbetreibenden selbst reduziert werden, sondern stets im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung für die KKW in ihrer Breite gesehen werden.

8. Urheberrechte und gewerbliche Schutzrechte regen Innovationen und Investitionen an. Ziel muss es sein, diese so zu fassen, dass sie effektiv sind. Ohne eigene Rechte wären die Leistungen von Akteuren der KKW nur ein Hobby. Nur mit durchsetzbaren Rechten können einerseits kreative Inhalte, Dienstleitungen und Produkte monetarisiert und gegen Ausnutzung durch Dritte geschützt und andererseits neue Geschäftsmodelle etabliert werden. Urheber- und Leistungsschutzrechte der Kreativen sowie ihrer Partner und generell gewerbliche Schutzrechte sind das Fundament, auf dem eine vielfältige, produktive KKW entstehen kann und letzten Endes auch ein Gebot der Fairness. Deutschland sollte innerhalb der europäischen Union für eine stärkere Harmonisierung der rechtlichen Grundlagen eintreten.

9. Die Auffindbarkeit von Produkten und Inhalten der KKW muss sichergestellt werden. Politische Fehlentscheidungen im Bereich der KKW können sowohl die Freiheit und Vielfalt der Branche als auch die Meinungsbildung und den demokratischen Diskurs massiv beeinträchtigen. Weiterhin lehnen wir jegliche Regelungsvorhaben ab, die zu einem Internet unterschiedlicher Geschwindigkeiten führen oder eine Abgabe an Infrastrukturanbieter vorsehen.

10. Staatliche und öffentlich-rechtliche Unternehmen im Bereich der KKW sind ein wertvoller Bestandteil der Kultur- und Medienvielfalt in Deutschland, der sachgerechter Regulierung bedarf. Dort, wo staatliche und öffentlich-rechtliche Institutionen als Wettbewerber zu privaten Unternehmen auftreten, müssen Wettbewerbsungleichheiten und negative Eingriffe in privatwirtschaftliche Märkte konsequent verhindert werden.

11. Die soziale Absicherung von Künstlern und Kreativen ist eine wichtige Aufgabe, die in einer Kulturnation die gesamte Gesellschaft betrifft. Hierfür ist es notwendig, eine dauerhaft tragfähige Basis zu gestalten, die eine übermäßige Belastung vermeidet und Planbarkeit schafft. Eine zwanzigprozentige Steigerung des KSK-Abgabesatzes, wie zuletzt 2023, gilt es zu verhindern. Der Abgabesatz muss jedenfalls auf dem bisherigen Stand stabil bleiben.

12. Der Kulturpass hat das Ziel, junge Menschen unabhängig von ihrem finanziellen Umfeld einen – ggf. erstmaligen – kulturellen Zugang zu ermöglichen. Unter großem Investitionseinsatz der Branche ist es gelungen, eine tragfähige technische Umsetzung voranzubringen. Um die erhöhten Effekte auch nachhaltig spürbar zu machen, sollte der Kulturpass unter der Voraussetzung einer Evaluierung fortgesetzt und sowohl für die teilnehmenden jungen Erwachsenen sowie die Kulturanbietenden unkompliziert und praktikabel gehalten werden.

13. Der Erhalt der KKW in ihrer jetzigen Vielfalt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit erfordert für einige Branchenteilnehmer eine adäquate Förderung. Aufgrund der besonderen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Branche und ihrer Rolle als Motor für Innova on und gesellschaftlichen Wandel, sind gezielte Förderprogramme sowie die stärkere Berücksichtigung der Branche bei der Außenwirtschaftsförderung und internationalen Wirtschaftsdelegationen des Bundes für ihr Empowerment notwendig. Der Anteil des Dienstleistungssektors an der Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche liegt in Deutschland bei circa 70%. Statt den Fokus einseitig auf die Förderung von Warenexport zu legen, müssen daher auch kreative Dienstleistungen stärker bedacht werden. Für die KKW und den Kreativstandort Deutschland sind langfristig plan- und kalkulierbare Förder- und Unterstützungsprogramme im europäischen und internationalen Wettbewerb von entscheidender Bedeutung.

Über k3d

Die Koalition Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland (k3d) ist ein offenes Bündnis von führenden privatwirtschaftlichen Interessenvertretungen – sie versteht sich als kompetentes Sprachrohr der Schlüsselbranche für gesellschaftlichen und ökonomischen Wandel. Als agile Impulsgeberin für Politik und Regierung auf Bundes-, Länder- und EU-Ebene entwickelt sie übergeordnete Positionen, Stellungnahmen und Forderungen zu kultur-, medien- und wirtschaftspolitischen Fragestellungen. Die durch die Verbände der Koalition repräsentierten Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft sind der relevante Motor für Kreativität, Innovation, Produktivität und Wirtschaftswachstum in Deutschland und zugleich ein Garant für Demokratie, Vielfalt und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das gilt für alle ihrer elf Teilbranchen, der Musikwirtschaft, dem Buchmarkt, dem Kunstmarkt, der Filmwirtschaft und der Medienwirtschaft, der Darstellenden Kunst, der Designwirtschaft, dem Architekturmarkt, dem Pressemarkt und dem Werbemarkt sowie der Software-/Games-Industrie. Sie alle sind eng miteinander verzahnt und arbeiten in hohem Maße partnerschaftlich zusammen. Die Kultur- und Kreativwirtschaft in ihrer Gesamtheit hat für die Demokratie, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Vielfalt unseres Landes sowie die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit ganz unterschiedlicher Wertschöpfungsketten eine herausragende Bedeutung.

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