
Von Helmut Hartung, Chefredakteur www. medienpolitik.de
CDU, CSU und SPD haben ihre Ziele und Vorhaben im Bereich Kultur und Medien für die nächsten vier Jahre abgesteckt. Die Arbeitsgruppe 14 hat, wie auch die anderen 15 Arbeitsgruppen, Anfang der Woche ihren Bericht fertiggestellt. Dass es in diesem Bereich nur einen strittigen Punkt gibt – Kultur als Verfassungsziel – ist kein Wunder. Auch in den vergangenen Jahren – abgesehen von den drei Jahren der Ampelregierung – gab es zwischen Regierung und Opposition der demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag hier kaum einen Dissens. Zudem trägt das Ergebnispapier sehr wesentlich die Handschrift der Länder. Zu Recht, legt doch die Verfassung fest, dass die Kultur und der Rundfunk in die Kompetenz der Länder fallen. An dem vorliegenden, insgesamt positiven, Ergebnis haben Medienpolitiker aus NRW, Rheinland-Pfalz und Hamburg, wie Nathanael Liminski, Heike Raab oder Carsten Brosda, ihren Anteil.
Den Vertretern der Kultur- und Medienpolitik sind ihre Bereiche durchaus etwas Wert: Die vorgeschlagenen Maßnahmen lösen finanzwirksame Mehrkosten in Höhe von insgesamt 455 Millionen Euro über die gesamte Legislaturperiode und jährliche gesamtstaatliche Steuermindereinnahmen in Höhe von 1 Milliarde Euro aus. Dazu heißt es im Arbeitspapier: „Kulturpolitik ist gesellschaftsrelevant. Den kulturellen Reichtum und die Vielfalt unseres Landes werden wir pflegen, weiterentwickeln und gegen jede Herausforderung verteidigen. Die Bundeskulturpolitik ist im kooperativen Kulturföderalismus mehr als eine Ergänzung der Kulturhoheit der Länder.“ Kunstfreiheit verlange, dass für Kunst keine inhaltlichen Vorgaben des Staates gelten dürfen. Deutschland soll ein Leuchtturm für freie Kunst und Kultur in der Welt sein, so der gemeinsam beschlossene Vorschlag. Es sollen keine Projekte und Vorhaben gefördert werden, die antisemitische, rassistische und andere menschenverachtende Ziele verfolgten. Dies werden wir durch rechtssichere Förderbedingungen, Sensibilisierung und Eigenverantwortung sicherstellen.
Kunst und Kultur sind frei. Sie zu fördern sei eine öffentliche Aufgabe, die Bund, Länder und Kommunen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gemeinsam wahrnehmen müssten. Eine lebendige kulturelle Infrastruktur zähle zur Daseinsvorsorge. Museen, Theater, Kinos, Bibliotheken, soziokulturelle Zentren oder Galerien gehören auch in den ländlichen Raum. Sie sind Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse. Die kulturelle Teilhabe aller Menschen sei zu gewährleisten. Um das zu erreichen, soll die Kreativwirtschaft durch klare ordnungspolitische Rahmenbedingungen und Steueranreize sowohl übergreifend als auch branchenspezifisch gestärkt werden. Die Wettbewerbsfähigkeit des Filmstandorts Deutschland soll durch eine zeitnahe Reform der Filmförderung, bestehend aus einem steuerlichen Anreizsystem sowie einer Investitionsverpflichtung gefördert werden. Ein Ziel das die bisherige Regierung trotz großspuriger Ankündigungen nicht erreicht hat. Auch das Filmförderungsgesetz wollen die drei Regierungsparteien im Dialog mit der Branche weiterentwickeln, die Kinos durch verlässliche Förderprogramme für Investitionen und kulturelle Vielfalt in Stadt und Land stärken und die digitale Sicherung des Filmerbes vorantreiben. Auch eine kontinuierliche Gamesförderung wird vorgeschlagen: Games seien ein Kulturgut und Innovationstreiber, heißt es im Arbeitspapier. Daher werde man den Gamestandort durch steuerliche Anreize und verlässliche Programme fördern. Das Recht an geistigem Eigentum soll konsequent durchgesetzt, kreative Produkte sollen gefördert werden. Bund und Länder wollen gemeinsam die Strategie „Kultur & KI“ entwickeln, da Künstliche Intelligenz die Möglichkeiten menschlicher Kreativität enorm steigere. Sie bietet großes künstlerisches und kulturwirtschaftliches Potenzial, wenn Urheberrechte gewahrt und künstlich generierte Inhalte erkennbar blieben.
„Zudem trägt das Ergebnispapier sehr wesentlich die Handschrift der Bundesländer. Zu Recht, legt doch die Verfassung fest, dass die Kultur und der Rundfunk in die Kompetenz der Länder fallen.“
Unabhängige und vielfältige Medien sichern eine freie öffentliche Debatte, so der erste Satz zum Abschnitt „Medien“, der unter dem Motto steht: „Medienvielfalt stärken - Meinungsfreiheit sichern“. Dazu soll die künftige Koalition sowohl für einen pluralen öffentlich-rechtlichen Rundfunk als auch für faire Regulierungs- und Refinanzierungsbedingungen für private Medien ein. Von zusätzlichen Werbebeschränkungen werde abgesehen. Im Gegensatz zur Rot-Grün-Gelben-Koalition soll die traditionelle Presse im schwierigen Transformationsprozess unterstützt werden. So ist geplant, die Mehrwertsteuer auf gedruckte und digitale periodische Presseprodukte auf null Prozent gemäß der Mehrwertsteuersystemrichtlinie zu senken und die Einführung einer Abgabe von Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen, werde geprüft. Die Erlöse sollen dem Medienstandort zugutekommen. Zudem wollen die Kultur- und Medienpolitiker für journalistische Angebote „mit Blick auf die Gemeinnützigkeit“ mehr Rechtssicherheit. Ein aktuelles Problem bei einer engeren Zusammenarbeit zwischen öffentlich-rechtlichen Sender, aber auch mit privaten Medienanbietern ist das Wettbewerbsrecht. Dem will sich die neue Regierung nun annehmen: „Das Wettbewerbsrecht muss auf allen Ebenen weiterentwickelt und mit dem Medienkonzentrationsrecht der Länder verzahnt werden, auch um Fusionen von Medienunternehmen mit Anbietern medienrelevanter Infrastruktur zu prüfen. Zusammenarbeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk soll nach den aktuellen Reformen der Länder die Regel werden. Deshalb schaffen wir eine wettbewerbsrechtliche Bereichsausnahme, auch Kooperationen privater Medienhäuser sollen erleichtert werden.“ Die terrestrische Rundfunkverbreitung wird als kritische Infrastruktur geschützt und das UHF-Band steht primär Medien und Kultur zur Verfügung.
Bereits bei den Sondierungsgesprächen spielte der bessere Schutz vor Desinformation, Manipulation und Fakenews über Online-Verbreitungswege eine wichtige Rolle. Das Ergebnispapier für den Kultur- und Medienbereich stellt dazu fest: „Gezielte Einflussnahme auf Wahlen sowie inzwischen alltägliche Desinformation und Fakenews sind ernste Bedrohungen für unsere Demokratie, ihre Institutionen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen ist durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Deshalb muss die staatsferne Medienaufsicht unter Wahrung der Meinungsfreiheit auf der Basis klarer gesetzlicher Vorgaben gegen Informationsmanipulation sowie Hass und Hetze vorgehen können. Systematisch eingesetzte manipulative Verbreitungstechniken wie der massenhafte und koordinierte Einsatz von Bots und Fake Accounts müssen verboten werden. Wir werden durchsetzen, dass Online-Plattformen ihren Pflichten hinsichtlich Transparenz und Mitwirkung gegenüber der Aufsicht nachkommen, sowie eine verschärfte Haftung für Inhalte prüfen. Outlinks zu Drittanbietern sind zuzulassen.“
Der künftigen Regierung wird zudem empfohlen, den Aufbau einer europäischen Medienplattform unter Einbeziehung von ARTE zu unterstützen sowie die Deutsche Welle zu stärken und ihre gesetzliche Grundlage zu novellieren.
Abschließend wird auf die notwendige Medienkompetenz, aber auch einen effektiven Kinder- und Jugendmedienschutz verwiesen. Ein kohärenter Rechtsrahmen zwischen Europa, Bund und den Ländern biete die Chance, Parallelstrukturen abzubauen und effektive Rechtsdurchsetzung zu erleichtern. Deswegen soll das Jugendschutzgesetz kohärent zum DSA und zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag gestaltet werden.