
Fragen an Holger Paesler, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR)
Im Vorfeld der Bundestagswahl haben hat sich die Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) an alle Parteien gewandt, die Medienfreiheit zu schützen und faire Rahmenbedingungen zu schaffen, damit journalistische Angebote ihre unverzichtbare Rolle in unserer Demokratie auch in der digitalen Welt wahrnehmen können. Eine unabhängige und vielfältige Medienlandschaft sei das Fundament freier Meinungsbildung und damit ein Grundbaustein unserer Demokratie, stellt die APR fest. In Deutschland gäbe es eine Vielzahl an Radio, TV- und Presseangeboten, die konstituierend für den demokratischen Diskurs seien. Diese Angebote gelte es zu schützen und deren publizistische und wirtschaftliche Freiheit zu erhalten und zu fördern. In der digitalen Medienwelt seien dagegen monopolartige Strukturen entstanden, die den freien Zugang der Medien zu den Menschen und ihre Finanzierung gefährdeten. Die APR vertritt rund 300 private Radio- und Fernsehsender aus Deutschland und ist damit der mitgliederstärkste Hörfunkverband in Deutschland.
medienpolitik.net: Herr Paesler, mit welchen medienpolitischen Themen wird sich ihr Verband 2025 vor allem befassen?
Paesler: Perspektivisch ist es die vornehmste Aufgabe der Medienpolitik, die strukturellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu erhalten bzw. zu schaffen, die eine prosperierende Medienlandschaft auch für künftige Generationen ermöglicht. Dies beinhaltet eine klare politische Einordnung beim Übergang von der dualen zur trimedialen Medienordnung und im Miteinander der privaten mit den öffentlich-rechtlichen Anbietern die Erkenntnis, dass Reformen und Veränderungen im öffentlich-rechtlichen System immer auch direkte Auswirkungen auf die private Medienseite haben – hier muss die Medienpolitik einen kohärenten Regulierungsansatz schaffen und ausfüllen und dies möglichst im Einklang mit den betroffenen Playern und deren Verbänden.
Konkret zeigen die jüngsten Entwicklungen, dass es dafür zuvorderst eines fairen Levelplayingfield mit international agierenden Digitalunternehmen in diversen Bereichen bedarf (Datenschutz, Steuern, Vielfaltssicherung). Durch Monopolstrukturen von digitalen Gatekeepern gewonnene Ressourcen (z.B. Daten oder auch Patente) sollten durch geeignete Maßnahmen (z. B. Vorgabe, Lizenzen an Konkurrenten zu erteilen) der Gesamtwirtschaft zugutekommen. Dabei sollte der Grundgedanke, dass Journalismus einen Wert hat, gestärkt werden, d.h. Robuste Schutzrechte für journalistische und publizistische Inhalte sind Grundlage für Investitionen und Innovation in der digitalen Medienwelt gerade im KI-Zeitalter. Damit einher geht eine zukunftsgerichtete KI-Regulierung. Die klassischen Medien- und Rundfunkanbieter übernehmen die Verantwortung für ihre Produkte. Daher sollten intern bei der Nutzung von KI diesen keine Beschränkungen auferlegt werden. Dass KI-Anbieter, die Medieninhalte nutzen, dafür die Erlaubnis der Medienanbieter benötigen und diese auch sachgerecht vergüten müssen, muss selbstverständlich sein.
„Konkret zeigen die jüngsten Entwicklungen, dass es dafür zuvorderst eines fairen Levelplayingfield mit international agierenden Digitalunternehmen in diversen Bereichen bedarf.“
Insgesamt müssen wir als Branche auf Augenhöhe kommen, um beispielsweise auch in neuen Distributionswegen außerhalb der linearen Verbreitung sichtbar und vermarktbar zu bleiben. Hierzu zählt beispielsweise ein fairer Umgang mit Smart-Speakern und Benutzeroberflächen in Car-Systemen oder die generelle Frage, dass bei den digitalen Plattformen Wettbewerber heranreifen, die neben den Inhalten eben auch die eigenen Distributions- und Vermarktungswege adressieren und dabei stets die klassischen Medien diskriminieren können - hier ist noch erheblicher medienrechtlicher Gestaltungsbedarf.
Auf der anderen Seite gilt es einen Regulierungsüberhang zu Lasten der privaten Medienanbieter abzubauen; hier sind die Benachteiligung der privaten Rundfunkmedien bei vielen Werbevorgaben, beispielsweise beim Stichwort der politischen Werbung, im Verhältnis zu anderen Werbemedien abzubauen oder hohe bürokratische Vorgaben, beispielsweise im Public-Value-Verfahren oder sonstigen Dokumentations- und Nachweispflichten zu reduzieren.
„Durch Monopolstrukturen von digitalen Gatekeepern gewonnene Ressourcen (z.B. Daten oder auch Patente) sollten durch geeignete Maßnahmen der Gesamtwirtschaft zugutekommen.“
medienpoltik.net: Die EU hat eine neue Kommission gewählt. Welche Themen, die für Ihren Verband relevant sind, sollten auf der Agenda der EU-Kommission in der nächsten Legislaturperiode stehen?
Paesler: Die relevanten Themen für die Medienbranche sind oben genannt und national und supranational insbesondere in der Abgrenzung zu den international agierenden Digitalunternehmen gleich. Diese Themen gehören angegangen und gelöst. Dazu muss zunächst und eindeutig der Kompetenz-Hickhack zwischen Europa, Bund und Ländern gelöst werden. Im Moment spielt Big Tech mit den Zuständigkeitsebenen und damit passiert viel zu wenig – es braucht eine klare legislative Zuständigkeitsklärung und dann einen angemessenen legislativen „Werkzeugkasten“ für die handelnden Institutionen. In diesem Zusammenhang gehört auch das Stichwort „Digitalsteuer“ besprochen. Dafür muss die EU die Grundlagen schaffen, damit die Nationalstaaten tätig werden können. Wenn die Zuständigkeit dann auf EU-Ebenen liegt, sei es so. Evtl. bietet die Überarbeitung der AVMD-Richtlinie hier schon erste Möglichkeiten für schnelles Handeln – allerdings ist der Audio-Bereich davon bislang nicht erfasst. Hier darf kein neues Regulierungsvakuum zu Lasten der Rundfunkmedien entstehen.