So wird der Produktionsstandort Deutschland wieder fit

18. Februar 2025
VTFF-Geschäftsführer Achim Rohnke
VTFF-Geschäftsführer Achim Rohnke
Wettbewerbsfähigkeit stärken, Projektflucht stoppen, Digitalisierung und Green Shooting fördern – die Forderungen des Verbands Technischer Betriebe für Film & Fernsehen (VTFF e.V.)

Mit der Verlängerung der bestehenden Filmförderinstrumente in aller letzter Minute ist nur eine Grundlage für die weitere Entwicklung der Film- und Serienwirtschaft gelegt. Der Reformeifer der in tiefen wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckende Kreativwirtschaft darf auch 2025 nicht erlahmen. Dies gilt nicht nur für eine neue Bundesregierung, sondern für alle Marktpartner. In seinem „Appell 25“ hat der Verband der Technischen Betriebe für Film und Fernsehen (VTFF) als Interessenvertretung der technisch-kreativen Dienstleister von A wie „Außenübertragung“ bis Z wie „ZDF“ seine Forderungen gebündelt, die für eine prosperierende Entwicklung der standortprägenden Produktionsinfrastruktur in Deutschland unabdingbar sind.

Der „Appell 25“ lässt sich unter das Motto „Money for Value“ stellen. Die technisch-kreativen Unternehmen, die über die Produktionsressourcen verfügen und somit das Rückgrat dieser Branche bilden, müssen für ihre hochqualitative Arbeit angemessen bezahlt und gefördert werden.

A- Außenübertragung: Überprüfte Qualität ist wertvoll und muss honoriert werden

Nachgewiesene Produktionssicherheit ist bei der Außenübertragung (Ü-Wagen) das A & O bei der Auftragsvergabe. Deshalb haben sich viele Ü-Wagen-Dienstleister in den letzten Jahren einem aufwendigen Auditierungsverfahren durch den TÜV unterzogen und damit einen Goldstandard gesetzt, der in Europa einmalig ist. Bei der Auftragsvergabe müssen die qualitätsfokussierten Unternehmen leider immer wieder erleben, dass das billigste Angebot bevorzugt wird. Aber: Qualität in der Außenübertragung ist wertvoll! Sie garantiert Sicherheit und reibungslose Arbeitsabläufe vor Ort. Sender und Produzenten müssen die qualitätsorientierte Arbeit der Ü-Wagenbetriebe entsprechend honorieren.

B- Bonus für das Green Shooting: Investitionsförderung für grüne Technologien einführen

Die Film- und Fernsehbranche in Österreich boomt – nicht zuletzt wegen des Green Bonus von fünf Prozent, der für den Nachweis einer Green Production geltend gemacht werden kann. Um die karbonfreie Produktion von Film- und TV-Projekten voranzutreiben, ist auch in Deutschland ein grüner Bonus auf emissionsfreie Technik notwendig! Die Investitionen in nachhaltige Technik muss bei Studios und Rentalhäusern gezielt und unmittelbar mit einer 10-prozentigen Innovations- /Transformationsförderung unterstützt werden. Nur so lassen sich die Nachhaltigkeitsziele in der Film- und Serienproduktion erreichen, die im Branchenbündnis „Green Shooting“ vereinbart wurden.

D- Digitale Teilgewerke des Filmschaffens gezielt und separat fördern

Getrieben durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) werden Film- und TV- Produktionen immer spezialisierter und artifizieller. So kommt keine hochwertige Produktion mehr ohne Visual Effects aus. Dies erfordert ständige Investitionen in Technologie und Ausbildung. Deshalb müssen Teilgewerke des digitalen Filmschaffens wie Virtual Production, Postproduction und VFX durch ein steuerliches Anreizsystem separat und automatisiert förderfähig werden! Für diese Teilgewerke müssen die Produktionskosten des beantragenden Produktionsdienstleisters bereits ab 200.000 Euro mit 30 Prozent gefördert werden.

F- Filmerbe – Digitalisierung ungekürzt fortführen

Das Bewahren des audiovisuellen Erbes ist eine Aufgabe von nationalem Rang! Mit dem Förderprogramm zu Digitalisierung des deutschen Filmerbes wurden seit 2019 bereits mehr als 1.300 Filme restauriert und ihrer weiteren wirtschaftlichen Verwertung zugeführt. Die erfolgreiche dreiteilige Förderung des Programms durch Bund, Länder und die Filmförderanstalt in Höhe von jährlich zehn Millionen Euro muss deshalb ungekürzt fortgeführt werden! Nur so lassen sich das Know-how für die Digitalisierung alten Filmmaterials und die hochspezialisierten Arbeitsplätze in Deutschland halten.

I- Internationale Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandorts durch Steueranreiz schaffen

Zur besseren Auslastung von Studios, Rental- und Postproduktionsunternehmen und der gesamten technisch-kreativen Dienstleisterszene muss die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Filmstandorts Deutschland wieder hergestellt werden. Die Verabschiedung des Filmfördergesetzes, die Verlängerung von DFFF und GMPF sowie die Erhöhung der Förderquote von 20 auf 30 Prozent waren Schritte in die richtige Richtung. Eine Reformpause kann sich die Film- und TV-Branche aber nicht leisten. Das Filmförderzulagengesetz (FFZuLG) muss im vollen Umfang kommen! Nur mit einem ungedeckelten, automatisierten, mindestens 30-prozentigen Steueranreizsystem kann Deutschland (internationale) Filmproduktionen und Hochglanzserien wieder ins Land holen.

K- Kostüme und Requisiten leihen und damit Ressourcen schonen

Die Ausstattung von Filmen und Serien mit neuen Kostümen und Requisiten ist teuer und unökologisch. Die Ausleihe über Fundus-Unternehmen ist hingegen sehr umweltfreundlich, da keine Belastungen durch Neuproduktion, Verpackungen, Entsorgung etc. entstehen. Um Sender und Produzenten im Kostüm- und Requisitenbereich stärker in die Verantwortung zu nehmen, müssen die Richtlinien für das Green Shooting deshalb um eine Muss-Vorgabe erweitert werden: Mindestens ein Drittel des Ausstattungsetats einer Produktion muss in den Fundusverleih oder den Kauf von Second-Hand-Ware fließen. Nur so lassen sich die ökologischen Ziele in diesem Bereich erreichen – ohne künstlerische Abstriche zu machen.

P- Postproduktion fair vergüten. Schluss mit der Doppelkalkulations- Praxis

Kalkulationsrealismus ist die Basis der Postproduktion! Die Dienstleistungen der Postproduktionshäuser werden aber chronisch unterfinanziert, die Vergütungen entsprechen längst nicht mehr dem Arbeitsaufwand und den Qualitätsstandards digitaler Produktionsprozesse. Deshalb fordern die Postproduktionshäuser Bild/Ton: Schluss mit der sogenannten Doppelkalkulation gegenüber Produzenten und Sendern! Die Leistungen der Postproduktion müssen vom Auftraggeber auf der Grundlage nachgewiesener Mengengerüste fair bezahlt werden.

P- Projektflucht ins Ausland: Braindrain und Abbau von Ressourcen stoppen

Mit der zunehmenden Verlagerung von Film- und Fernsehproduktionen ins steuerbegünstigte Ausland wandern auch Filmcrews und Equipment aus Deutschland ab – ein ständiger Braindrain und ein dauerhafter Abbau von Ressourcen. Vor allem die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten müssen die aus Gebührengeldern finanzierten Projekte zurück ins Land holen (Stichwort: „Oktoberfest 2005“ in Belgien!). Die Verabschiedung des Filmfördergesetzes und die Erhöhung der Förderquote auf 30 Prozent bieten dafür erste Voraussetzungen. Ansonsten nimmt der gesamte Filmstandort Deutschland dauerhaft Schaden.

S- Starke Interessenvertretung der Filmwirtschaft durch einen gestärkten SPIO-Dachverband herstellen

Die deutsche Filmwirtschaft steht für 120.000 feste Arbeitsplätze, eine Vielzahl von projektbezogenen Arbeitsverhältnissen und einen Umsatz von zehn Milliarden Euro jährlich. Sie ist von herausragender kultureller Bedeutung und gibt als technologiegetriebene Branche wichtige Impulse für die gesamte Wirtschaft. Deutschland braucht deshalb eine starke Bündelung aller filmwirtschaftlichen Verbände, um die Interessen der gesamten Filmwirtschaft gegenüber der Politik wirksam zu vertreten! Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) muss deshalb der Dachverband ALLER film- und produktionswirtschaftlichen Verbände werden. Eine Beherrschung der SPIO durch einzelne Kino-Fachverbände ist kontraproduktiv. Die aktuell initiierte Schrumpfkur der SPIO-Aktivitäten schadet den übergeordneten Interessen der Filmwirtschaft.

Z- ZDF & ARD müssen effizienter werden und Aufgaben konsequent outsourcen

Die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss energisch vorangetrieben werden. Dazu gehört, dass die Rundfunkanstalten Effizienzpotentiale heben und sich auf ihr Kerngeschäft, die Beauftragung von Content-Produktion, fokussieren! Die technisch-kreativen Dienstleister stehen bereit, Aufgaben, die nicht durch den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gedeckt sind, sowie nicht vollständig ausgelastete technische Kapazitäten in ihre Wirtschaftsführung zu übernehmen. Studios, Ü-Wagen, Post-Production, die Digitalisierung von Archiven und andere Aufgaben gehören in die privatwirtschaftlichen Hände der technisch-kreativen Dienstleister.

 

Der Verband Technischer Betriebe für Film und Fernsehen e.V. ist das bundesweite Sprachrohr und Netzwerk der technisch-kreativen Dienstleistungsunternehmen für Film, Fernsehen und andere audiovisuelle Produktionen. Seine Mitgliedsunternehmen kommen aus den Bereichen Außenübertragung, Kamera- und Lichtverleih, Fundus, Ton-/ Studio, Virtual Production und Postproduktion sowie VFX und repräsentieren über die Hälfte des Marktvolumens.

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